Auf der Suche nach Noahs Arche

Eine ziemlich schiffsförmige Formation in der Osttürkei tut so, als wäre sie die sagenumwobene Arche Noah. So behaupten es zumindest einige Leute. Trotzdem Archäologen schon längst andere Sachen herausgefunden haben über den Mythos von Noahs Arche, plant ein US-Abenteurer dort demnächst mit seinem eigenen Grabungsteam loszulegen.

Ein türkischer Luftwaffenpilot hat diese komische Formation in den späten 1950er-Jahren entdeckt. Später hat ein amerikanischer Kreationist, der die Bibel ziemlich wörtlich nimmt, die Sache mit Noahs Arche in Verbindung gebracht. Verschiedene Wissenschaftler, sowohl aus Amerika als auch aus der Türkei, haben sich schon mit diesem Felsenhaufen beschäftigt. Sie haben festgestellt, dass die Felsen höchstwahrscheinlich auf natürliche Weise entstanden sind.

Trotzdem ist da dieser Abenteurer aus den USA namens Andrew Jones, der Touren für Touristen in der Gegend anbietet. Der glaubt den Wissenschaftlern nicht und sucht schon seit einer Weile nach Hinweisen auf die Arche. Zusammen mit seinem Team hat er Bodenproben genommen und Bodenradar-Scans durchgeführt. Er behauptet, dass der pH-Wert und das organische Material innerhalb des Bogens sowie die rechteckigen Strukturen im Untergrund darauf hinweisen, dass da was vom Menschen Gemachtes vergraben ist.

Adelheid Otto, eine Archäologin von der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist von solchen Berichten über Arche-Noah-Funde immer etwas verwirrt. Sie findet es seltsam, wie schnell sich solche Geschichten verbreiten, ohne dass sie überprüft werden. Offenbar sind viele Leute fasziniert von der Idee, die echte Arche Noah zu finden. Aber die Wissenschaftler haben schon jede Menge herausgefunden über die Geschichte und ihren Ursprung.

Otto selbst forscht in Fara, einer alten Grabungsstätte im südlichen Irak. Fara war mal eine ziemlich große Stadt in Mesopotamien und hat eine enge Verbindung zum Mythos der Arche. In den alten Tagen hieß die Stadt Shuruppak und angeblich hat der König von Shuruppak, namens Ziusudra, das berühmte Schiff gebaut und damit die Menschheit vor der großen Flut gerettet, genau wie es später in der biblischen Noah-Geschichte erzählt wird.

Die Geschichte steht im Gilgamesch-Epos, einer alten babylonischen Heldensage, die vor fast 2000 Jahren auf Tontafeln geschrieben wurde. Darin baut der König von Shuruppak also dieses Schiff, rettet die Menschheit vor der göttlichen Strafe und schickt dann einen Vogel los, der ihm ein Zweiglein zurückbringt, um zu zeigen, dass das Wasser weggegangen ist. Ganz ähnlich wie in der biblischen Geschichte von Noah. „Die Juden haben diese Geschichte während ihrer babylonischen Gefangenschaft im ersten Jahrtausend vor Christus gehört, sie mitgenommen und niedergeschrieben“, erklärt Otto. Noah ist also sozusagen die jüdische Version des mesopotamischen Königs.

Die Forscher wissen von Ziusudra, weil alle Namen der alten Könige und Dynastien vor etwa 4000 Jahren auf einem Tonquader verewigt wurden, der sumerischen Königsliste. Diese Liste teilt die Dynastien in solche vor der Flut und solche nach der Flut. Und der letzte König vor der großen Flut war eben Ziusudra, der König von Shuruppak. Die Frage nach der großen Sintflut beschäftigt also viele Experten.

Es ist ziemlich sicher, dass es regelmäßige Überschwemmungen der Flüsse Euphrat und Tigris gegeben hat. Aber ob es wirklich diese eine zerstörerische Sintflut gegeben hat, wie sie im Gilgamesch-Epos und in der Bibel beschrieben wird? Das könnte schon möglich sein, meint Otto. „Wenn es extreme Starkregen in Anatolien gibt, die dazu führen, dass Euphrat und Tigris zur gleichen Zeit anschwellen, und wenn dann noch Südwinde das Wasser am Abfließen hindern, könnte es zu einer riesigen Flut kommen, die ganz Südmesopotamien überschwemmt.“ Die ersten Archäologen in Fara haben tatsächlich eine Schicht im Boden gefunden, die von so einer großen Flut stammen könnte. Adelheid Otto plant nächstes Jahr Bohrungen, um diese Schicht genauer zu untersuchen.

Ob der König von Shuruppak wirklich eine Arche gebaut hat, bleibt wohl eine Glaubensfrage. Damals war das gängige Fortbewegungsmittel im Südmesopotamien das Boot. Die Leute haben sich vermutlich mit Booten vor Fluten gerettet. Aber ob es wirklich so ein riesiges Kastenschiff gab, wie es in den alten Texten beschrieben wird, bleibt wohl ein Mythos.