Der Arbeitsmarkt in Deutschland steht vor Herausforderungen
Die deutsche Wirtschaft mag schwächeln, aber die Beschäftigungssituation scheint sich zu verbessern – zumindest auf den ersten Blick. Die regelmäßig positiven Nachrichten über steigende Beschäftigungszahlen lassen hoffen, dass es aufwärts geht. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Anstieg der Beschäftigung größtenteils auf den öffentlichen Sektor zurückzuführen ist. Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe, dem Kernbereich industrieller Wertschöpfung, gehen die Arbeitsplätze seit einiger Zeit zurück.
Beschäftigungswachstum im öffentlichen Sektor
Neue Zahlen des Statistischen Bundesamts bestätigen, dass im zweiten Quartal 2024 insgesamt 46,1 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig waren, was einem Anstieg von 167.000 im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Allerdings entfiel ein Großteil dieses Zuwachses auf den Bereich öffentliche Dienstleister, Erziehung und Gesundheit. Eine Erhöhung um 199.000 Erwerbstätige allein in diesem Sektor führte zu dem gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungsgewinn. In allen anderen Bereichen der Wirtschaft sank die Zahl der Erwerbstätigen sogar um 32.000 Personen.
Rückgang der Erwerbstätigen im verarbeitenden Gewerbe
Besonders besorgniserregend ist der Rückgang der Erwerbstätigen im verarbeitenden Gewerbe. Hier sank die Zahl um 64.000, was insgesamt einen Rückgang von 330.000 Arbeitsplätzen seit dem Höchststand im Jahr 2019 bedeutet. Im Gegensatz dazu stieg die Beschäftigtenzahl im öffentlichen Dienst und seinen Nachbarbereichen stark an, was sich zu einem Großteil aus den Steuern und Abgaben der Industrie finanzierte.
Rückgang der Zeitarbeit als Jobmotor
Neben dem Rückgang im verarbeitenden Gewerbe ist auch ein Negativtrend in einem einst starken Jobmotor zu beobachten: der Zeitarbeit. Die Anzahl der Menschen, die in dieser Beschäftigungsform arbeiten, ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Während im Jahr 2018 noch über eine Million Menschen in der Zeitarbeit tätig waren, sank diese Zahl bis Ende 2023 auf nur noch 754.000, ein Rückgang von einem Viertel. Der Anteil der Zeitarbeiter an allen Beschäftigten ging ebenfalls von 2,4 Prozent auf unter 2 Prozent zurück.
Politische Gründe für den Rückgang der Zeitarbeit
Der Rückgang der Zeitarbeit hat nicht nur wirtschaftliche Gründe, sondern auch politische. In den letzten Jahren hat es das Ziel der Regierungskoalitionen gegeben, die Zeitarbeit stärker zu regulieren und einzudämmen. Dies führte zu einer Verlangsamung des Wachstums in diesem Bereich und zu einem Rückgang der verfügbaren Stellen. Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, wies bedauernd auf diesen Negativtrend hin und betonte die Bedeutung der Zeitarbeit als Brücke in den Arbeitsmarkt, insbesondere für Geflüchtete.
Forderungen nach einem Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik
Angesichts dieser Entwicklungen fordert der Wirtschaftsrat der CDU einen grundlegenden Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik. Er betont die Notwendigkeit eines flexibleren Arbeitsmarktrahmens, um Transferempfängern den Sprung in die Beschäftigung zu erleichtern. Die Wiedereinführung von Zeitarbeit als flexible Beschäftigungsform wird gefordert, um den aktuellen migrations- und arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen zu begegnen.
Forderungen nach flexibleren Regeln für Zeitarbeit
Der Wirtschaftsrat der CDU hat ein umfassendes Konzept zur Fachkräftesicherung erarbeitet, das auf mehr Entscheidungsfreiheit für die Arbeitsvertragsparteien setzt. In Bezug auf die Zeitarbeitsbranche und deren Kundenbetriebe fordert er die Einführung von „bürokratiearmen und praxistauglichen“ Regeln. Die bestehenden Regulierungen der Zeitarbeit sollten überprüft und teilweise zurückgenommen werden, um mehr Jobs zu mobilisieren.
Ruf nach Flexibilität am Arbeitsmarkt
In einem fragilen wirtschaftlichen Umfeld, in dem Unternehmen zögern, neue Projekte anzugehen, wird Flexibilität am Arbeitsmarkt immer wichtiger. Die CDU-nahe Wirtschaftsvereinigung fordert daher eine Lockerung des Kündigungsschutzes. Durch die Möglichkeit, von vornherein eine feste Abfindungshöhe zu vereinbaren, könnten qualifizierte Arbeitnehmer und Arbeitgeber in ausgewählten Branchen und ab einer bestimmten Gehaltsgrenze Einstellungshürden abbauen.
Fazit
Die aktuellen Entwicklungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt zeigen, dass trotz positiver Gesamtbilanz einige Herausforderungen bestehen. Der Rückgang der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe und der Zeitarbeit als Jobmotor sind alarmierende Signale. Es ist an der Zeit, die Arbeitsmarktpolitik zu überdenken und flexiblere Regelungen einzuführen, um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Nur so kann Deutschland seine Position als Jobmotor Europas langfristig sichern.