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Natürlich wollen alle Parteien, dass es den Menschen besser geht und nicht schlechter. Dies ist die Ansicht von Kanzler Olaf Scholz, dessen SPD-Vorstand kürzlich ein Strategiepapier für das Wahljahr verabschiedet hat, das niedrigere Steuern für die breite Mehrheit verspricht (und höhere Sätze für das oberste eine Prozent). Dies ist auch die Ansicht von CDU-Herausforderer Friedrich Merz, der im Wahlprogramm bereits vorsorglich Zumutungen abgelehnt hat, von einem späteren Renteneintritt bis zu einem höheren Spitzensteuersatz. Und auch Robert Habeck, der baldige Kanzlerkandidat der Grünen, plant, wie ein argentinischer Radikalliberaler mit der Kettensäge das Bürokratiedickicht zu lichten. Bereits im Heizungsstreit des letzten Jahres signalisierte er, dass es vorerst genug Transformationsanforderungen für die Bürger gibt.

Das Problem ist jedoch, dass die Zumutungen, die vermieden werden sollen, bereits auf die Menschen zukommen und nach der Wahl wahrscheinlich noch stärker werden. Vor allem Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden dies spüren, bereits in zehn Wochen, pünktlich zum Beginn des Wahljahres am 1. Januar. Dann werden die Beiträge zur Sozialversicherung kräftig steigen, um bis zu 1,2 Prozent, wovon die Hälfte von den Arbeitnehmern getragen wird. Der größte Teil entfällt auf die Krankenkassen, die ihre Zusatzbeiträge im Durchschnitt um 0,8 Punkte erhöhen werden. Um das Defizit in den Pflegekassen auszugleichen, sind wahrscheinlich 0,3 Punkte erforderlich. Selbst die Rentenbeiträge, die eigentlich stabil bleiben sollten, müssen wahrscheinlich um 0,1 Punkte steigen.

Aufgrund der nominal stark gestiegenen Löhne steigen auch die Einkommensgrenzen, bis zu denen diese Beiträge prozentual zu entrichten sind. Dies bedeutet für alle, die über diesen Summen liegen, eine deutlich größere Belastung als die prozentuale Beitragserhöhung. Im Gegenzug soll der Einkommensteuertarif an die Inflation angepasst werden, damit die Menschen nicht mehr Steuern auf Einkommen zahlen müssen, die real nicht gestiegen sind.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat die Auswirkungen der möglichen Beitragserhöhungen berechnet, und es läuft insgesamt auf eine Mehrbelastung hinaus. Personen mit höheren Einkommen zahlen deutlich mehr, bei einem Gehalt von 10.000 Euro monatlich steht wahrscheinlich eine jährliche Mehrbelastung von mehr als 1500 Euro ins Haus.

Die Bevölkerung hat wenig Vertrauen in großspurige Entlastungsversprechen, da sie oft nicht in die Realität umgesetzt werden. Das Thema Steuern steht nicht an erster Stelle der Besorgnisse, im Gegensatz zu sicheren Renten, weniger Bürokratie oder einer stärkeren Wirtschaft. Es ist wichtig, die Menschen nicht zu verunsichern, insbesondere für Kandidaten wie Merz, die als zukünftige Kanzler gesehen werden. Sie müssen darauf achten, nicht den gleichen Fehler zu machen wie frühere Politiker, die nach der Wahl plötzlich unpopuläre Maßnahmen ergreifen mussten.

Es bleibt abzuwarten, wie die kommende Regierung mit den Haushaltsnöten umgehen wird, insbesondere angesichts der optimistischen Annahmen, mit denen die derzeitige Regierung ihren Haushalt erstellt. Es ist wichtig, realistische und nachhaltige Lösungen zu finden, um die finanziellen Herausforderungen zu bewältigen.