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Das Arbeitsgericht Berlin befasst sich am Freitag mit dem Eilantrag des Senats gegen den von Verdi angekündigten unbefristeten Kitastreik. Das Gericht hat dafür sogar ab 14 Uhr eine mündliche Verhandlung angesetzt und wird beide Seiten – den Senat und Verdi – anhören. Im Arbeitsrecht versuchen die Gerichte häufig gütliche Einigungen herbeizuführen. Möglicherweise will das Gericht auch hier zwischen Senat und Gewerkschaft vermitteln. Ist kein Kompromiss möglich und das Gericht fasst einen Beschluss, könnte die unterlegene Seite im Eilverfahren Beschwerde einlegen und in die nächste Instanz vor das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ziehen.

**Die Hintergründe des Streiks**

Der Senat will Verdi vom Gericht untersagen lassen, dass die landeseigenen Kita-Betriebe ab kommenden Montag unbefristet bestreikt werden. Die Senatsfinanzverwaltung reichte am Donnerstagabend beim Arbeitsgericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung gegen die Streikpläne der Gewerkschaft Verdi ein. Das Land Berlin sehe sich „im Interesse der Eltern und Kinder“ dazu gezwungen, um einen Dauerstreik zu verhindern. 29.000 Kinder sind vom Erzwingungsstreik betroffen.

Verdi hatte am Donnerstagvormittag seine Streikpläne veröffentlicht. Zuvor waren am Mittwoch letzte Gespräche über eine mögliche Abwendung des Streiks zwischen Verdi sowie der Bildungs- und Finanzverwaltung gescheitert. Betroffen vom Erzwingungsstreik sind 280 landeseigene Kita-Betriebe, in denen knapp 29.000 Kinder von rund 7000 Erzieherinnen und Erziehern betreut werden. Das betrifft etwa ein Fünftel aller betreuten Kinder in Berlin. Die übrigen Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben.

**Die Forderungen von Verdi**

Verdi verlangt bessere Arbeitsbedingungen, wie kleinere Betreuungsgruppen und einen Ausgleich von Belastungen, und möchte diese in einem eigenen Tarifvertrag festhalten. Der Berliner Senat lehnt Tarifverhandlungen mit der Begründung ab, dass das Land dadurch aus der Tarifgemeinschaft der Länder fliegen würde. Aber auch andere Lösungen würden in jedem Fall zu Mehrausgaben für das Land führen. Verdi und die Gewerkschaft GEW hatten nach mehreren erfolglosen Warnstreiks vergangene Woche zu einer Urabstimmung über unbefristete Streiks aufgerufen. Dabei sprachen sich 91,7 Prozent der Verdi-Mitglieder und 82 Prozent der GEW-Mitglieder für einen Erzwingungsstreik aus.

**Reaktionen auf den Streik**

„Grundsätzlich ist das Streikrecht ein hohes Gut“, sagte Finanzsenator Stefan Evers (CDU). Die Gewerkschaftsvertreter „lassen die Situation aber unnötig und auf dem Rücken tausender leidtragender Familien eskalieren“. Das werde den zum Teil womöglich berechtigten Anliegen der Beschäftigten nicht gerecht. Der Dauerstreik könnte rechtswidrig sein, weil Rechte von Eltern und Kindern unverhältnismäßig beeinträchtigt werden würden und die Ziele nicht per Tarifvertrag zu regeln seien, sagte Evers. „Deshalb schulden wir es insbesondere den betroffenen Eltern und Kindern, auch rechtliche Schritte einzuleiten. Das habe ich veranlasst.“

Verdi hat dagegen den Versuch des Berliner Senats kritisiert, den Streik in den landeseigenen Kitas auf juristischem Wege noch zu verhindern. Mit diesem Schritt setze der Senat seine Strategie fort, eine „Kita-Krise“ zu leugnen und zugleich engagierte Beschäftigte und ihre Gewerkschaft zu attackieren, erklärte die Verdi-Landesbezirksleiterin Andrea Kühnemann. Nötig seien vielmehr Verhandlungen, die zu rechtlich verbindlichen und einklagbaren Vereinbarungen im Sinne der pädagogischen Qualität und der Entlastung für die Beschäftigten führen. Verdi sei jederzeit gesprächs- und verhandlungsbereit. Einer Gerichtsentscheidung sehe man gelassen entgegen.

**Die Position der Bildungssenatorin**

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) wies Verdis Darstellung zurück. „Ich wehre mich dagegen, dass es einen Flächenbrand an Berliner Kitas gibt. Das ist schlichtweg falsch“, erklärte Günther-Wünsch. Der Senat habe in den Gesprächen „erhebliches Entgegenkommen“ gezeigt und sei bereit gewesen, „substanzielle Angebote“ zu machen. Obendrein zögen die Verdi-Forderung einen zusätzlichen Personalbedarf von 4000 Erzieherinnen und Erziehern nach sich. Das sei in Zeiten des Fachkräftemangels „blanker Hohn“.