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Ursachen und Auswirkungen von Hochwasser in Mitteleuropa: Analyse und Lösungsansätze

Sintflutartige Regenfälle und über die Ufer getretene Flüsse haben weite Gebiete im östlichen Mitteleuropa auch am Montag im Griff gehalten. In Polen, der Tschechischen Republik, Österreich und Rumänien herrschte in den betroffenen Regionen Katastrophenalarm. Mehrere Todesopfer infolge von Überschwemmungen wurden gemeldet. In weiten Landstrichen kam der öffent­liche Verkehr zum Erliegen, Dörfer waren von der Außenwelt abgeschnitten und nur per Boot oder Hubschrauber zu erreichen. Auch die Zwei-Millionen-Stadt Wien musste wichtige Teile ihres öffentlichen Nahverkehrs einstellen und die Ausfallstraßen in mehrere Himmelsrichtungen sperren. Dort war am Montag aber wegen nachlassenden Regens von vorläufiger Entspannung die Rede.

Verwüstung in Niederösterreich

Am stärksten betroffen war das Bundesland Niederösterreich, das seit Sonntag insgesamt zum Katastrophengebiet erklärt worden ist. Dort wurden nach Angaben der Landesregierung in St. Pölten 200 Straßen gesperrt, der öffentliche Verkehr sei völlig zum Erliegen gekommen. Über das Wochenende seien mehr als 25.000 Feuerwehrleute im Einsatz gewesen, die meisten von den freiwilligen Feuerwehren. Helfer kamen auch aus den weniger betroffenen Bundesländern. Im Assistenzeinsatz halfen auch etwa 1000 Soldaten des Bundesheers, unter anderem mit Booten und Hubschraubern. „Es ist noch nicht vorbei, es bleibt kritisch“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

Auch zwei weitere Todesopfer wurden aus dem östlichen Bundesland gemeldet. Ein 70 Jahre alter Mann im Bezirk St. Pölten wurde von den Wassermassen erfasst, als er die Tür seines Bauernhauses öffnete; seine Ehefrau konnte sich in das obere Stockwerk retten. Ein 80 Jahre alter Mann im Bezirk Korneuburg wurde tot im Keller seines Hauses gefunden, als Helfer dort zum Auspumpen kamen. Schon am Sonntag war ein Feuerwehrmann bei Pumparbeiten ums Leben gekommen.

Appell an die Bevölkerung

Die Landesregierung und die Feuerwehrführung riefen die Bürger auf, keine Fahrten zu unternehmen, wenn sie nicht unbedingt nötig seien. Insbesondere solle man davon Abstand nehmen, sich dem Hochwasser zu nähern, um etwa Fotos zu machen. Dadurch gefährde man sich selbst und behindere die Einsatzkräfte. So sei es mehrmals vorgekommen, dass Personen versucht hätten, mit ihren Autos über überschwemmte Straßen zu fahren, und dann abgetrieben worden seien. Feuerwehrtaucher hätten diese Leute unter Gefährdung des eigenen Lebens von den ­Dächern ihrer Fahrzeuge retten müssen. Auch die Polizei sah „gegebenen Anlass“, noch einmal dringend dazu aufzufordern, Absperrungen zu beachten. Es müsse darauf hingewiesen werden, „dass die hochwasserführenden Flüsse nach wie vor lebens­gefährliche Bereiche darstellen“.

Der Leiter des niederösterreichischen Krisenstabs, Stephan Pernkopf, lobte den „übermenschlichen“ Einsatz der Helfer. Nach seinen Angaben wurden bis Montagvormittag zwölf Dammbrüche im Land gemeldet. Weitere Dämme seien gefährdet. Bis zu weitere 80 Liter Regen pro Quadratmeter könnten punktuell bis Dienstagfrüh fallen, die Böden seien völlig gesättigt. 13 Gemeinden waren nicht erreichbar, 1800 Objekte wurden evakuiert. Viele Betroffene seien bei Verwandten unter­gekommen. 170 Menschen hätten organisierte Unterkünfte benötigt.

Situation in Wien und Tschechien

In Wien hat sich die Hochwassersituation leicht entspannt: Die Pegelstände blieben gleich oder sanken stellenweise leicht. Die Auffangbecken für den Wienfluss hätten entleert werden können, sodass sie wieder Kapazitäten hätten. Die Wien, normalerweise ein dünnes Rinnsal aus dem Wienerwald, das im Stadtgebiet durch ein meterhohes kanalartiges Becken geleitet wird, glich am Montag immer noch einem reißenden Strom, der das Becken bis zum Rand füllte oder stellenweise überflutete. Vor allem die U-Bahnen, das Rückgrat des Wiener öffentlichen Nahverkehrs, wurden großteils stillgelegt. Durch die Sperre der Donau für die Schifffahrt ab Ennshafen-Wallsee an der Grenze von Ober- und Niederösterreich lagen zudem 56 Kreuzschiffe und 20 Güterschiffe still. Passagiere hatte allerdings lediglich ein Flusskreuzfahrtschiff an Bord, die vorläufig in Wien festsaßen. Mit einer Entspannung wurde am Dienstag gerechnet.

In der Tschechischen Republik wurde am Montag der erste Todesfall durch das Hochwasser bestätigt. Sieben weitere Personen wurden vermisst. Ein Mensch sei in dem kleinen Fluss Krasovka im Bezirk Bruntal im östlichen Landesteil Mährisch-Schlesien ertrunken, sagte Polizeipräsident Martin Vondrasek im öffentlich-rechtlichen Radio. Zu den Vermissten zählten drei Menschen, die mit einem Auto bei Jesenik im Altvatergebirge in einen Fluss gestürzt seien. Wegen akuter Überflutungsgefahr wurden mittlerweile in Ostrava (Mährisch-Ostrau), der drittgrößten Stadt der Tschechichen Republik, die Evakuierungen ausgeweitet. „In mehreren Stadtteilen ist es offensichtlich zu Deichbrüchen gekommen“, sagte Umweltminister Petr Hladik nach einer Krisensitzung. Bewohner wurden mit Schlauchbooten in Sicherheit gebracht. Durch die Risse sollen Schätzungen zufolge rund 100 Kubikmeter Wasser pro Sekunde strömen. Es soll versucht werden, die Lücken mit Steinen aufzufüllen.

Lage in Polen und Rumänien

In Polen berief Regierungschef Donald Tusk angesichts der schweren Verwüstungen im Südwesten des Landes sein Kabinett zu einer Krisensitzung ein, um den Katastrophenzustand zu beschließen. In der niederschlesischen Kleinstadt Klodzko (Glatz) standen ganze Straßenzüge unter Wasser, hier gab es auch ein Todesopfer. Das Dorf Głuchołazy in der Region Oppeln wurde von Wassermassen verwüstet. In der Nacht auf Montag war besonders die Kleinstadt Nysa in dieser Region betroffen. Das Wasser aus der Glatzer Neiße, einem Nebenfluss der Oder, drang in die Notaufnahmestation des örtlichen Kreiskrankenhauses ein, wie die Nachrichtenagentur PAP berichtete. Die Stadt Breslau (Wrocław) in Niederschlesien bereitete sich auf eine Flutwelle vor, die am Mittwoch erwartet wurde.

Auch in Rumänien blieb die Hochwasserlage angespannt. Bei Starkregen und schweren Überschwemmungen kamen im Osten des Landes mindestens sechs Menschen ums Leben. Betroffen waren vor allem die Regionen Galați, Vaslui und Iași. Von den Wassermassen sind meist abgelegene Dörfer betroffen. Menschen kletterten auf Hausdächer, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden. Hunderte Feuerwehrleute waren im Einsatz.

In Sachsen richtet sich der bange Blick weiter auf die Elbe. Wassermassen aus der Tschechischen Republik erreichen mit Zeitverzögerung Deutschland. In Dresden war der Wasserspiegel der Elbe am Nachmittag schon mehr als viermal so hoch wie der dortige Normalstand von 1,42 Metern. In Bayern gab es keine Entwarnung, aber vorsichtigen Optimismus.