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Krisenmanagement bei Continental: Stärkung der Eigenverantwortung und Selbsthilfe

Die Autobranche steht vor großen Herausforderungen, insbesondere ZF Friedrichshafen plant 14.000 Stellen zu streichen und VW droht sogar mit Werksschließungen. Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage, ob Deutschland als Autostandort abgeschrieben ist. Die Situation ist zweifellos schwierig, wie Herr Setzer von Continental bestätigt. Bereits im Dezember wurde auf dem Kapitalmarkttag des Unternehmens klar kommuniziert, dass man wenig Rückenwind vom Automarkt erwarte. Ursprünglich ging man von einer stabilen globalen Produktion von Autos und leichten Nutzfahrzeugen aus, doch mittlerweile zeigt sich ein leichter Rückgang, insbesondere in Europa. Auch in China verläuft die Entwicklung schwächer als erwartet. Angesichts dieser Prognosen war es für Continental frühzeitig klar, dass Handlungsbedarf besteht. Bereits 2019 wurde ein Strukturprogramm auf den Weg gebracht, das über einen Zeitraum von zehn Jahren angelegt ist.

Autogipfel mit Bundeswirtschaftsminister geplant

Ein Autogipfel mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) steht für kommenden Montag auf dem Plan. Ein zentrales Thema wird die schwache Nachfrage nach Elektroautos sein und mögliche Maßnahmen zur Steigerung dieser Nachfrage, wie beispielsweise Kaufanreize. Herr Setzer betont jedoch, dass die Antriebsart für Continental nicht unmittelbar relevant ist, da die Sparte für Antriebstechnik bereits vor drei Jahren abgespalten wurde. Dennoch spürt das Unternehmen die allgemeine Nachfragerückgang, da jedes Fahrzeug bestimmte Komponenten wie Reifen, Schlauchleitungen oder Sicherheitselektronik benötigt. Continental setzt daher auf verstärkte Eigenverantwortung und Selbsthilfe, um in einem schwierigen Marktumfeld bestehen zu können. Besonders wichtig sei die enge Zusammenarbeit in der Softwareentwicklung, da die Branche vor wachsender Komplexität stehe, die kein Unternehmen allein bewältigen könne.

Technische Probleme und Rückrufe bei BMW

Continental gerät derzeit aufgrund technischer Probleme in die Schlagzeilen. Aufgrund fehlerhafter Bremsen muss der Kunde BMW 1,5 Millionen Autos zurückrufen. Auf die Frage nach dem Schadenersatz betont Herr Setzer, dass das Unternehmen Rückstellungen im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich gebildet hat und davon ausgeht, dass diese ausreichen werden. Trotz der Rückrufe betont er, dass die Bremsleistung stets über den gesetzlichen Anforderungen liege und die Fahrzeuge weiterhin sicher genutzt werden können. Die Zusammenarbeit mit BMW wird fortgeführt, um die Situation zu klären und mögliche Konsequenzen zu regeln.

Abspaltung der Automotive-Sparte geplant

Ein lang gehegtes Gedankenspiel soll im kommenden Jahr in die Tat umgesetzt werden: Die Abspaltung der Automotive-Sparte von Continental. Herr Setzer zeigt sich zuversichtlich, dass dieser Schritt bis Ende des nächsten Jahres vollzogen werden kann, vorausgesetzt alle notwendigen Zustimmungen sind eingeholt. In den vergangenen Jahren wurde die Sparte auf Zukunftsmärkte wie Software und autonomes Fahren ausgerichtet, um für die bevorstehenden Herausforderungen gewappnet zu sein. Zudem haben die Erfahrungen aus der Pandemie und der Halbleiterkrise das Unternehmen robuster gemacht. Durch die Abspaltung strebt Continental eine bereinigte operative Umsatzrendite von sechs bis acht Prozent an und will damit die Eigenständigkeit und Flexibilität der einzelnen Unternehmensbereiche stärken.

Bedeutung der Traditionsmarke und Zukunftsaussichten

Die Abspaltung einzelner Sparten wirft die Frage auf, was von Continental als Traditionskonzern mit 150-jähriger Geschichte bleiben wird. Herr Setzer betont, dass das Unternehmen über die Jahre zu einem breit aufgestellten Technologiekonzern herangewachsen ist, der in verschiedenen Produktsegmenten und Märkten führend ist. Die Fokussierung auf die Eigenständigkeit der Sparten soll es ermöglichen, schneller und marktnäher zu agieren und die Chancen in den jeweiligen Märkten bestmöglich zu nutzen. Dabei ist die Unternehmensstruktur darauf ausgerichtet, schrittweise Aufgaben und Funktionen in die einzelnen Bereiche zu überführen und eine schlanke, fokussierte Holdingstruktur bis Ende 2025 zu schaffen.

Zukünftige Entwicklungen und mögliche Trennungen

Die Trennung der Automotive-Sparte ist ein erster Schritt in Richtung mehr Eigenständigkeit für Reifen und Contitech bei Continental. Die Sparte Contitech wird sich verstärkt auf ihre Industriekunden konzentrieren und das Geschäft mit Gummiprodukten für Autohersteller, Original Equipment Solutions (OESL), zeitnah verselbständigen. Mit insgesamt 18.000 Mitarbeitern in 15 Ländern ist OESL ein bedeutendes Geschäftsfeld für das Unternehmen. Die Vorbereitungen für den Spin-off von Automotive und die Eigenständigkeit der anderen Sparten laufen auf Hochtouren, um sich flexibel auf die Entwicklungen in den Märkten einzustellen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Zukünftige Ausrichtung und Herausforderungen

Die Familie Schaeffler, Großaktionär von Continental, hat bereits die frühere Antriebssparte übernommen und könnte auch Interesse an der Automotive-Sparte haben. Herr Setzer betont jedoch, dass die Elektroniksparte von Continental sich inhaltlich weniger mit den Stärken von Schaeffler im mechanischen Bereich überschneidet. Die Zukunft der einzelnen Unternehmensbereiche bleibt daher offen und wird je nach Entwicklung der Märkte und Kunden weiter gestaltet. Trotz Kritik der Gewerkschaften an den Stellenabbauten und Standortschließungen bei Continental betont Herr Setzer, dass diese Maßnahmen notwendig sind, um die Kosten zu senken und die Effizienz des Unternehmens zu steigern.

Kontinuität in der Unternehmensführung

Herr Setzer, der seit knapp vier Jahren den Konzern leitet und zuvor lange in der Reifensparte tätig war, betont sein Engagement für Continental. Die bevorstehenden Veränderungen im Unternehmen sind eine Herausforderung, der er sich gerne stellt, um die Einheiten von Continental zu stärken und die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Mit Blick auf die Corona-Krise und die zunehmenden weltpolitischen Spannungen zwischen Amerika und China setzt Continental auf lokale Marktpräsenz und eine robuste Lieferkette, um den Risiken zu begegnen. Die Investitionen in alternative Bezugsquellen und die Überwachung der Lieferketten sind zentrale Elemente der Risikominderung für das Unternehmen.

Fazit

Continental steht vor bedeutenden Veränderungen und Herausforderungen in der Automobilbranche. Die geplante Abspaltung der Automotive-Sparte und die Fokussierung auf die Eigenständigkeit der einzelnen Unternehmensbereiche sollen die Wettbewerbsfähigkeit stärken und das Unternehmen für die Zukunft aufstellen. Trotz Kritik und Bedenken hinsichtlich der Stellenabbauten und Standortschließungen setzt Continental auf effiziente Maßnahmen zur Kostensenkung und Anpassung an die Marktbedingungen. Die Kontinuität in der Unternehmensführung und die klare Ausrichtung auf die Zukunft sollen Continental dabei helfen, die aktuellen Herausforderungen zu meistern und langfristig erfolgreich zu sein.