Mehr finanzieller Spielraum: Bundesbank fordert Reform der Schuldenbremse
Die Straßen bröckeln, die Verteidigung braucht dringend mehr Geld – die finanziellen Bedürfnisse in Deutschland sind enorm. Angesichts dieser Herausforderungen schlägt die Bundesbank vor, die Schuldenbremse zu überarbeiten. Diese Empfehlung könnte den Verhandlungen zwischen Union und SPD neuen Schwung verleihen.
Ende Februar kündigte die Bundesbank bereits an, nun folgen konkrete Schritte: Ein Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse wurde der Deutschen Presse-Agentur vorgelegt.
Die Kernidee besteht darin, die Spielräume für Verschuldung zu erweitern und einen Großteil davon für zusätzliche Sachinvestitionen zu reservieren. Die Höhe der Neuverschuldung soll sich danach richten, ob die Staatsverschuldung über oder unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt – eine Marke, die in den EU-Maastricht-Verträgen als Verschuldungsgrenze festgelegt ist.
Die seit 2009 im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse begrenzt die Möglichkeit des Bundes, neue Kredite aufzunehmen: Die jährliche Neuverschuldung darf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten.
Die Bundesbank schlägt vor, die Grenze für die strukturelle Nettokreditaufnahme des Bundes bei Schuldenquoten unter 60 Prozent auf bis zu 1,4 Prozent des BIP anzuheben. Für Schuldenquoten über 60 Prozent würde die Begrenzung bei 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen.
Eine solche Reform der Schuldenbremse könnte den finanziellen Spielraum des Staates bis 2030 laut Berechnungen der Bundesbank um rund 220 Milliarden Euro im Vergleich zum aktuellen Stand erhöhen. Selbst bei einer Schuldenquote von über 60 Prozent wären es noch rund 100 Milliarden Euro.
Die EU-Schuldenregeln bleiben laut Bundesbank unangetastet, die 60-Prozent-Regel bleibt ein zentraler Orientierungspunkt. Bei einer Schuldenquote über 60 Prozent müsse die Obergrenze so gewählt sein, dass sie die Schuldenquote wieder unter 60 Prozent senkt.
Schon 2022 hatte die Bundesbank einen Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse vorgelegt, der auf früheren Überlegungen basierte. Damals wurde vorgeschlagen, die Grenze für die strukturelle Nettokreditaufnahme des Bundes bei Schuldenquoten unter 60 Prozent auf bis zu 1,0 Prozent des BIP anzuheben. Oberhalb von 60 Prozent war eine Grenze von 0,5 Prozent des BIP angedacht.
Die Schuldenbremse im Grundgesetz soll verhindern, dass der Staat sich so stark verschuldet, dass er immer neue Kredite aufnehmen muss, um die Schulden abzutragen. Es gibt jedoch eine konjunkturelle Komponente, die die Aufnahme zusätzlicher Schulden während eines wirtschaftlichen Abschwungs erlaubt.
Diese müssen zurückgeführt werden, wenn sich die wirtschaftliche Lage verbessert. Ausnahmen sind möglich bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notlagen, die außerhalb der Kontrolle des Staates liegen.
Diese Ausnahmeregelungen wurden in den Jahren 2020 bis 2022 genutzt, zunächst aufgrund der Corona-Pandemie und dann, um die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine sowie der Energiekrise abzufedern. Eine einfache Mehrheit im Bundestag reicht aus, um eine Notlage festzustellen.
Für eine Reform der Regelungen zur Schuldenbremse im Grundgesetz sind hingegen zwei Drittel der Stimmen im Bundestag erforderlich. Sowohl SPD als auch Union haben im neuen Bundestag keine Mehrheit, um eine solche Reform durchzuführen. Sie wären auf die Unterstützung von AfD und Linkspartei angewiesen, die zusammen eine Sperrminorität bilden.
Der Vorschlag der Bundesbank könnte die Diskussionen zwischen Union und SPD beleben, wie die kommende Bundesregierung mehr finanziellen Spielraum bekommen kann. Die Idee von Sondervermögen wird ebenfalls diskutiert, die im Grundgesetz verankert werden müssten. Im Gegensatz zur Union hält die SPD jedoch eine Reform der Schuldenbremse grundsätzlich für den besseren Weg.