Die Erwartungen an das Migrationstreffen waren groß, da die Bundesregierung versuchte, sie zu dämpfen. Das gelang nur mäßig, denn der Redebedarf war enorm, insbesondere beim Thema Zurückweisungen.
### Migrationstreffen: Offenheit vs. Zurückweisungen – Was ist die maximale Grenze?
Gut drei Stunden saßen die Teilnehmer im Bundesinnenministerium zusammen, länger als zuvor angekündigt. Und am Ende war man mit den Themen noch nicht durch. Der Gesprächsbedarf war offensichtlich groß, auch nach dem Treffen vor den Mikrofonen.
### Vertrauliches Arbeitsgespräch mit Folgen
Ursprünglich sollte es ein vertrauliches Arbeitsgespräch werden, doch ganz so vertraulich lief es dann doch nicht ab. Im Anschluss hatten einige Teilnehmer durchaus etwas zu sagen, nur die Bundesinnenministerin hielt sich bedeckt.
Die Grundlage für das Treffen bildete das Sicherheitspaket, auf das sich die Ampelkoalition vergangene Woche unter dem Eindruck des Messer-Attentats von Solingen geeinigt hatte. Es enthält Maßnahmen zur inneren Sicherheit und Vorschläge für Verschärfungen in der Asylpolitik. Die Bundesregierung betonte zudem Offenheit für weitergehende Vorschläge der Union.
„Niemend hat sich irgendeinem Weg versperrt. Wir haben das gemeinsame Ziel, irreguläre Migration zu begrenzen und insbesondere auch die Kommunen zu entlasten“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach dem Treffen.
### Union fordert Zurückweisungen
Die CDU und CSU bringen weitergehende Vorschläge ein, darunter die Forderung, die Grenzkontrollen auszuweiten und generelle Zurückweisungen an allen Grenzen durchzuführen, auch wenn jemand um Schutz in Deutschland bittet.
Für die Union sei entscheidend, dass es nicht nur Grenzkontrollen gibt, „sondern auch tatsächlich zu Zurückweisungen an der Grenze kommt“, sagte Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, nach dem Treffen. Insbesondere dann, wenn jemand „aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat kommt und dort entweder einen Asylantrag bereits gestellt hat oder ihn jedenfalls hätte stellen können“. Es müsse nun geklärt werden, ob man bei diesem Punkt zu einer gemeinsamen Haltung kommen könne.
„Ich sehe rechtliche Möglichkeiten“, sagte der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU), der an den Gesprächen teilnahm, weil Hessen derzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz innehat. „Aber jetzt ist es vor allen Dingen Aufgabe der Bundesregierung, zu prüfen, ob sie bereit ist, diesen von uns vorgeschlagenen Weg mitzugehen.“
### Offenheit – auch bei Zurückweisungen
Die Antwort von SPD und Grünen war bislang, dass die Forderungen der Union gegen europäisches und internationales Recht verstoßen.
Doch es scheint Bewegung oder zumindest die Bereitschaft zu geben, dies erneut zu prüfen. Bundesinnenministerin Faeser wollte dazu nach dem Treffen zwar nichts sagen, betonte jedoch: „Ich will nochmal signalisieren: maximale Offenheit für alle Vorschläge.“
### CDU-Chef nicht anwesend
CDU-Chef Friedrich Merz nahm nicht am Treffen teil, obwohl es auch eine Reaktion auf sein Angebot an die SPD zur Zusammenarbeit in der Asyl- und Migrationspolitik vergangene Woche war. Nach dem Attentat von Solingen und vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen hatte er die Bundesregierung unter Druck gesetzt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm den Ball auf und ließ die Bundesinnenministerin zu Gesprächen einladen.
Eine Einladung, die an Vertreter der Union und der Bundesländer ging, aber auch an die Ampelfraktionen und die inhaltlich betroffenen Bundesministerien. Anders als von Merz vorgeschlagen, sollte die Zusammenarbeit nicht allein zwischen SPD und Union stattfinden.
Es war ein Treffen auf Arbeitsebene, bei dem Merz seine Fachpolitiker entsandte. Er selbst besuchte an diesem Tag ein Stahlwerk und das Islamkolleg in Osnabrück und äußerte Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Treffens: „Der irreguläre Zuzug von Migranten ist das eigentliche Problem, das die Bundesregierung heute bereit sein muss, mit uns nicht nur zu besprechen, sondern zu lösen. Wenn das nicht der Fall ist, erübrigen sich weitere Gespräche.“
### Konstruktive Gespräche und weitere Treffen
Trotz der Bedenken von Merz verliefen die Gespräche aus Sicht der Unionsvertreter vor Ort konstruktiver als erwartet. Ein weiteres Treffen ist bereits für Anfang nächster Woche geplant.
Die Bundesinnenministerin betonte, dass „ein paar Dinge“ rechtlich geprüft werden müssten. Es deutet vieles darauf hin, dass es dabei auch um die rechtliche Möglichkeit genereller Zurückweisungen an den Grenzen gehen wird. Zudem werden sich alle beteiligten Parteien intern rückversichern müssen, wie weit sie wirklich bereit sind zu gehen, und mögliche Verwerfungen mit den EU-Nachbarn im Blick behalten müssen.