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30 Prozent für die AfD in Niedersachsen? Warum Stephan Weil das für unrealistisch hält

Die AfD feiert Wahlerfolge in Thüringen und Sachsen. Ist ein ähnliches Szenario 2027 auch in Niedersachsen denkbar? Warum Ministerpräsident und SPD-Landeschef Stephan Weil nicht daran glaubt.

Niedersachsens Ministerpräsident und SPD-Landesvorsitzender Stephan Weil geht nicht davon aus, dass die AfD bei der nächsten Landtagswahl in seinem Bundesland ähnlich hohe Werte erzielt wie jüngst in Thüringen und Sachsen. „Ich glaube erstens, dass die niedersächsische Grundgelassenheit hilft. Niedersächsinnen und Niedersachsen mögen typischerweise keine Extreme. Und zweitens hoffe ich, dass wir mit unserer Politik deutlich weniger Anlässe für Ärgernisse geben“, sagte der SPD-Politiker im Gespräch mit unserer Redaktion.

Niedersachsen wählt voraussichtlich im Herbst 2027

Weil, der in Niedersachsen zusammen mit den Grünen regiert, betonte zugleich, dass er die hohe Zustimmung zur AfD nicht kleinreden wolle und ernst nehme. „Ich bin weit davon entfernt, die AfD in Niedersachsen zu bagatellisieren. Die 13 Prozent bei den Europawahlen habe ich mir schon gemerkt. Aber das ist eben noch ein anderes Niveau als das, was wir jetzt in Sachsen und Thüringen erleben.“

In Niedersachsen wird voraussichtlich im Herbst 2027 ein neuer Landtag gewählt. Weil, der dann fast 69 Jahre alt ist, hatte bereits mehrfach öffentlich erklärt, dann aus Altersgründen nicht mehr anzutreten.

Die AfD kam bei der Landtagswahl in Thüringen am Sonntag vor einer Woche auf fast 33 Prozent und wurde stärkste Kraft vor der CDU mit 23,6 Prozent. In Sachsen landete die AfD bei der Wahl am gleichen Tag mit 30,6 Prozent nur knapp hinter der CDU (31,9 Prozent).

Der Ministerpräsident räumte ein, dass er an dem besagten Wahlabend „hinreichend bedient“ gewesen sei. Er habe irgendwann keine Wahlberichterstattung mehr geguckt, „sondern zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder den Tatort von Anfang bis Ende“.

Insbesondere den Wahlsieg der AfD in einem Land wie Thüringen bezeichnete Weil als „Hammer“. „Wir sprechen da nicht von irgendeinem Landesverband der AfD, sondern von einem, der vom Verfassungsschutz als offen und gesichert rechtsextrem angesehen wird. Den Vorsitzenden Björn Höcke darf man von Gerichts wegen einen Faschisten nennen. Dass das so gar keine Spuren hinterlassen hat im Wahlergebnis, das finde ich wirklich bedrückend“, machte der Ministerpräsident und SPD-Landeschef seine Fassungslosigkeit deutlich.

Zusammenhang zwischen Ampel-Zoff und starker AfD

Weil sieht einen Grund für das Erstarken der AfD auch in dem andauernden Zoff der Berliner Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP. „Es gibt da durchaus einen gewissen Zusammenhang. Wir erleben eine Phase grundlegender Veränderungen, die viele Menschen verunsichert. In einer solchen Phase erwarten Bürgerinnen und Bürger vom Staat umso mehr Orientierung und Verlässlichkeit. Wenn aber der Eindruck entsteht, die Politiker streiten sich – und zwar nicht über die Lösung der Probleme der Bürger, sondern über ihre eigenen – dann schadet das der Demokratie“, erklärte der Regierungschef und richtete einmal mehr einen deutlichen Appell an die Bundesregierung: „Wenn die AfD schwächer werden soll, müssen die anderen besser werden. Alle drei Ampelpartner in Berlin haben doch ein hohes eigenes Interesse daran, dass sich die Dinge ändern. Das gelingt aber nur, wenn man sehr konstruktiv zusammenarbeitet und die Meinungsverschiedenheiten intern austauscht, aber nach außen überzeugend und gemeinsam auftritt.“

Anders könne es nicht funktionieren. „Irgendwie hat Politik auch immer etwas mit Vernunft zu tun“, erklärte Weil.

Die Rolle der Medien in der AfD-Stärkung

Ein weiterer Aspekt, den Stephan Weil anspricht, ist die Rolle der Medien in der Stärkung der AfD. Oftmals wird kritisiert, dass die Berichterstattung über die AfD zu einseitig oder sensationalistisch sei, was die Partei in den Augen einiger Politiker und Experten unnötig in den Fokus rücke. Weil betonte in diesem Zusammenhang die Verantwortung der Medien, eine ausgewogene Berichterstattung zu gewährleisten, um nicht unbeabsichtigt zur Stärkung extremistischer Positionen beizutragen.

Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie

Um einer weiteren Stärkung der AfD entgegenzuwirken, fordert Stephan Weil auch konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Dazu gehören eine intensive politische Bildung in Schulen und Universitäten, die Förderung von demokratischen Werten und die Stärkung der Zivilgesellschaft. Weil betont, dass es wichtig sei, den Menschen die Grundprinzipien der Demokratie zu vermitteln und extremistischen Ideologien frühzeitig entgegenzuwirken.

Fazit

Insgesamt zeigt sich Stephan Weil besorgt über die aktuellen Entwicklungen in Thüringen und Sachsen und warnt davor, die hohe Zustimmung zur AfD zu unterschätzen. Er betont jedoch auch die Bedeutung einer konstruktiven Zusammenarbeit der demokratischen Parteien, um extremistischen Strömungen entgegenzuwirken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Es bleibt abzuwarten, wie sich die politische Landschaft in Niedersachsen bis zur nächsten Landtagswahl im Jahr 2027 entwickeln wird.