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Landtagswahl Thüringen 2024: Keine Koalition mit der AfD?

AnalyseLandtagswahl in Thüringen:
Thüringen wählt: Spannung vor offenem Ausgang
von Axel Zimmermann, Erfurt

In Thüringen wird es kompliziert. Laut Umfragen liegt die AfD deutlich vorn. Koalieren möchte mit der Partei aber niemand. Ob eine Mehrheit ohne AfD möglich ist, ist nicht sicher.

In Thüringen und Sachsen beginnt der Wahlkampfendspurt. Laut ZDF-Politbarometer könnte die AfD in Thüringen die stärkste Partei werden. Die Ausgangslage ist schwierig, die Spannung groß. Ginge es nach der Person, bekäme Bodo Ramelow als Ministerpräsident laut ZDF-Politbarometer den höchsten Zuspruch. Der Amtsinhaber von der Linken liegt mit Abstand vorn. Aber dass er im Amt bleibt, ist angesichts der Umfragezahlen unwahrscheinlich.

Thüringens CDU-Vorsitzender Mario Voigt tritt mit dem Ziel an, die nächste Landesregierung zu führen. Ob der in Jena geborene und aufgewachsene Thüringer, früher Politikberater, das schafft, ist offen. Bei den Beliebtheitswerten kommt er hinter Ministerpräsident Ramelow auf Platz zwei – deutlich vor Björn Höcke, dem Spitzenkandidaten der als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD. Aber es geht nicht nur um Personen.

Thüringen: Zahlen zeigen, es ist kompliziert
Die bisher regierende Linke kommt in den aktuellen Umfragen auf 13 Prozentpunkte. Bei den letzten Landtagswahlen in Thüringen 2019 hatte die Partei von Ministerpräsident Bodo Ramelow noch 31 Prozent der Wählerstimmen erhalten. Ganz bitter sieht es für die Parteien der Ampelregierung im Bund aus: Die SPD kann mit sechs Prozentpunkten nicht sicher sein, dass sie die Fünf-Prozent-Hürde schafft. Die Grünen kommen im ZDF-Politbarometer auf nur vier Prozentpunkte und die FDP auf weniger als drei.

Bundesthemen dominieren Landtagswahl
Personen sind das eine, Zahlen das andere. Aber was ist mit den Themen? Eigentlich hat Thüringen eine ganze Menge zu bieten: Hier wird erfolgreiche Spitzenforschung betrieben, bei Patenten liegt man – zusammen mit den Nachbarn aus Sachsen, wo heute auch ein neuer Landtag gewählt wird – bundesweit vorn. Die Spitzenforschung hat mit innovativen Unternehmen und deren wirtschaftlichem Erfolg ihren Platz im Land. Und in Sachen Aufbau Erneuerbarer Energien und CO2-Reduktion ist Thüringen sogar bundesweit ein Spitzenreiter.

Der Anschlag in Solingen trifft in Thüringen „auf eine aufgeheizte Stimmung und auf eine polarisierte Gesellschaft“, so Melanie Haack, ZDF-Studioleiterin in Erfurt.

Landespolitisch ließ sich aus diesen Erfolgen kaum Kapital schlagen. Auf der Agenda der politischen Debatten stand hingegen Bundespolitisches ganz oben: Vor allem das Thema Zuwanderung. Und auch die große deutsche Unterstützung für die von Russland überfallene Ukraine treibt die Menschen um und steht weit oben auf der politischen Tagesordnung. Entsprechend spielten im Landtagswahlkampf Themen eine große Rolle, die gar nicht in die Zuständigkeit der Landespolitik fallen. Die sich aber sehr gut für populistische Kampagnen eignen.

AfD und BSW profitieren
Die beiden Themen Migration und die Ukrainepolitik der Ampelregierung in Berlin haben sich AfD und BSW zu Nutze gemacht. Und segeln auf der Stimmung. Ohne im Detail Lösungen anzubieten, haben die beiden Parteien die Ängste und Sorgen der Menschen in Thüringen mit ihren Schlagworten aufgegriffen.

Letzte Wahlkampfauftritte in Thüringen, wo die gewohnte Parteienlogik nicht mehr gilt. Die Ampelparteien und die Linke stehen unter Druck, AfD und BSW befinden sich im Aufwind.

Originäre Themen der Landespolitik wie Bildung, vom Kindergarten bis zum Schulunterricht, sind dabei in den Hintergrund geraten.

Blockaden und Brombeeren in Thüringen denkbar
Sollte die AfD so viele Stimmen bekommen, dass sie mindestens ein Drittel der Sitze im Thüringischen Landtag erhält, hätte sie eine Sperrminorität. Damit könnte sie Abstimmungen blockieren, zum Beispiel bei der Ernennung neuer Verfassungsrichter und -richterinnen, bei Änderungen der Landesverfassung oder bei der Auflösung des Landtages, was die Voraussetzung für vorgezogene Neuwahlen wäre.

Der politische Analyst und Parteienforscher Prof. Karl-Rudolf Korte erwartet allerdings trotz aller Befürchtungen eine stabile Koalition in Thüringen. Er kann sich nach der Wahl die Bildung eines bisher in Deutschland nicht gekannten Bündnisses aus CDU, BSW und SPD vorstellen. Eine Koalition die er – wegen der Farben Schwarz, Lila und Rot – „Brombeerkoalition“ nennt.

Quelle: ZDF

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