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Verkehrs- und Justizminister Wissing „Das macht unser Land nicht stärker“

Wissings Entscheidung, in der Regierung zu bleiben und aus der FDP auszutreten, war eine große Überraschung beim Bruch der Ampelkoalition. In einem Interview spricht er über die Gründe für seine Entscheidungen und seine Sicht auf die aktuelle politische Situation.

Herr Wissing, Sie waren einer der Architekten der Ampelkoalition im Bund und haben sich immer wieder dafür stark gemacht. Wie sehr schmerzt Sie, jetzt vor diesem Scherbenhaufen zu stehen?

Volker Wissing: Mich schmerzt das sehr, weil unsere Demokratie dadurch um eine Chance und Option ärmer geworden ist. Ich habe es immer als meinen Auftrag gesehen, unsere Demokratie lebendig zu halten und sie zu bereichern.

Wir müssen sehen, dass bei aller Unterschiedlichkeit der Parteien, auch bei allen Kämpfen, die in der Gesellschaft argumentativ ausgefochten werden, am Ende immer eine stabile Regierung stehen muss. Das, was hier passiert ist, macht unser Land nicht stärker.

Für Sie selbst hat sich mit dem Ende der Koalition auch viel verändert. Sie sind nach 26 Jahren Parteimitgliedschaft aus der FDP ausgetreten, um weiter als Minister im Kabinett von Olaf Scholz zu regieren. Wie schwer ist Ihnen dieser Schritt am Ende gefallen?

Wissing: Das ist ein schwerer Schritt. Aber am Ende war es nicht möglich, im Regierungsamt zu bleiben und gleichzeitig Parteimitglied zu sein, ohne dass ich eine Belastung für meine Partei geworden wäre. Ich konnte mich aber auch nicht gegen das Regierungsamt entscheiden, weil nach meiner tiefen Überzeugung immer zuerst das Land kommen muss und dann die Partei.

Christian Lindner sieht das ja offenbar anders?

Wissing: Das ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen Dinge unterschiedlich beurteilen. Ich habe 2016 Verantwortung übernommen in Rheinland-Pfalz, auch in einer Ampelkoalition. Alles, was wir an Problemen damals in Rheinland-Pfalz hatten, hatten wir auch in Berlin. Unterschiedliche Parteien aus unterschiedlichen politischen Lagern, keine Erfahrung in der Zusammenarbeit. Für mich war das alles nichts Neues.

Und warum hat es dann im Bund nicht funktioniert?

Wissing: Der Faktor Mensch spielt in der Politik immer eine große Rolle. Gleichzeitig hat man auf Bundesebene den Fehler gemacht, dass man zu lange daran festgehalten hat, die Unterschiede der Parteien permanent nach außen zu kommunizieren.