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Ost-Wahlen: Auswirkungen auf die Bundesparteien

Entscheidender Stimmungstest

Die bevorstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland im September stellen für die Bundesparteien einen wichtigen Stimmungstest dar, ein Jahr vor der Bundestagswahl. Die Ergebnisse werden voraussichtlich keine positive Stimmung in der Ampel-Koalition hervorrufen. Die AfD könnte jedoch erstmals die stärkste Kraft in einem oder mehreren Landtagen werden. Auch für andere Oppositionsparteien steht viel auf dem Spiel. Hier ein Überblick:

SPD

Die Sozialdemokraten stehen knapp über der Fünf-Prozent-Hürde in den Umfragen vor den Wahlen in Thüringen und Sachsen. Ein Scheitern der SPD in einem der Länder, nicht einmal mehr den Einzug ins Parlament zu schaffen, wäre ein Desaster. Dies könnte auch Kanzler Olaf Scholz treffen und die Forderungen nach einem radikalen Kurswechsel verstärken. Sollte die SPD zudem am 22. September in Brandenburg den Posten des Ministerpräsidenten verlieren, würde es für Scholz schwierig werden, Begeisterung für seine erneute Kanzlerkandidatur zu entfachen.

Grüne

Die Grünen erzielten bei den letzten Landtagswahlen in den drei Bundesländern eher schwache Ergebnisse, schafften es jedoch als kleinerer Koalitionspartner in die Landesregierungen. Nun drohen ihnen bittere Verluste: In allen drei Bundesländern müssen die Grünen um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Dies würde sie weiter von ihrem Ziel entfernen, eine Volkspartei zu werden. Für Vizekanzler Robert Habeck, der Interesse an einer Grünen-Kanzlerkandidatur bekundet hat, wird der bevorstehende Bundestagswahlkampf somit nicht einfach.

FDP

Die Liberalen werden voraussichtlich bei den Landtagswahlen erneut enttäuscht sein. Sie sind bereits weder in Sachsen noch in Brandenburg im Parlament vertreten und in Thüringen nur als Gruppe. Nach den Wahlen dürften alle drei Landtage FDP-frei sein. Die Parteispitze wird vermutlich bekannte Argumente wieder aufgreifen: Die FDP könne in der Ampel-Koalition zu wenige ihrer Ideen durchsetzen und müsse ihr Profil schärfen. Dadurch könnte der Ton in der ohnehin kriselnden Koalition noch schärfer werden.

CDU

Die Landtagswahlen sind für Parteichef Friedrich Merz das Sprungbrett zur Kanzlerkandidatur der Union. Kurz nach der Wahl in Brandenburg soll über diese entschieden werden. Bei einem erfolgreichen Abschneiden der Union würde Merz wahrscheinlich ohne große Diskussion als Kanzlerkandidat nominiert werden. Sollte die CDU jedoch nicht überzeugen und in Sachsen sogar ihr einziges Ministerpräsidentenamt in den ostdeutschen Flächenländern verlieren, könnte die Kritik an Merz zunehmen. Mögliche Rivalen wie CSU-Chef Markus Söder oder NRW-Regierungschef Hendrik Wüst könnten sich dann aus der Deckung wagen.

AfD

Die AfD dürfte die Landtagswahlen mit großer Vorfreude erwarten. Mit erwarteten Ergebnissen um die 30 Prozent könnte sie in Thüringen stärkste Partei werden und in Sachsen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU führen. Für die rechtsextreme AfD wäre es ein historischer Durchbruch, erstmals stärkste Kraft in einem Landtag zu werden. Damit wäre sie als Machtfaktor im Osten etabliert, auch wenn es vorerst nicht für eine Regierungsbeteiligung reichen sollte. Parteichefin Alice Weidel bezeichnete den Osten als Ort, an dem „die Zukunft Deutschlands geschrieben wird“.

BSW

Das Bündnis Sahra Wagenknecht konnte bei der Europawahl kurz nach seiner Gründung gute Ergebnisse erzielen und kann nun auf zweistellige Ergebnisse in allen drei Bundesländern hoffen. Eine Regierungsbeteiligung ist ebenfalls möglich. Dies würde Prestige und Einflussmöglichkeiten bringen, aber auch die Notwendigkeit, zu beweisen, dass sie regieren können. Das gute Abschneiden der Partei wird sicherlich zusätzliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die sie im Bundestagswahlkampf zu nutzen versuchen wird.

Linke

Seit der Abspaltung von Wagenknechts Bündnis geht es für die ohnehin angeschlagene Linke weiter bergab. In Thüringen ist es unwahrscheinlich, dass sie ihren einzigen Ministerpräsidentenposten behalten kann. In Sachsen und Brandenburg droht der Linke sogar der komplette Ausschluss aus den Landtagen – ein Novum im Osten. Zudem muss sie nach der Wahl im Oktober neue Vorsitzende suchen und hat nur knapp ein Jahr Zeit, um den Wiedereinzug in den Bundestag zu organisieren.