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Magdeburg: Strategien für Hoffnung und Fortschritt in der IT-Branche

Als Intel am Montagabend die Verschiebung der geplanten Fabrik in Magdeburg um zwei Jahre bekanntgab, wussten Olaf Scholz und Reiner Haseloff schon Bescheid. Intel-Chef Pat Gelsinger hatte sich am Sonntag bei Scholz angekündigt und informierte den Kanzler und den sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten dann am Montag über den neuen Zeitplan. Haseloff hatte schon tagelang auf diesen Anruf gewartet. Denn in Magdeburg wusste man, dass es auf der Klausur des Intel-Managements, die vergangenen Dienstag begann, um die Zukunft der 30-Milliarden-Investition nahe der Landeshauptstadt ging. Die Erwartungen reichten von einer Absage über eine Schrumpfung bis zur nun vollzogenen Verschiebung des Baus.

Angesichts des gesunkenen Aktienkurses von Intel und der angekündigten Entlassung von 15.000 Mitarbeitern hatten in Sachsen-Anhalt nur noch wenige Beteiligte erwartet, dass das Magdeburger Projekt die Klausurtagung unbeschadet übersteht. Schon seit Wochen bauten die maßgeblichen Landespolitiker sogar für den Fall einer Absage vor und erklärten, die weitgehend ebene und verkehrstechnisch exzellent angeschlossene Fläche südwestlich der Landeshauptstadt sei so attraktiv, dass man dafür sonst auch einen anderen High-Tech-Investor finde. Die Politiker wussten allerdings selbst, dass das Schönfärberei ist. Denn eine Fertigung von Halbleitern der allerneuesten Generation würde für Sachsen-Anhalt den größten Sprung seit der Gründung des Bundeslands bedeuten.

Der Vorgang belegt jedoch, als wie ernst die Lage eingeschätzt wurde. Und er erklärt, warum in Magdeburg aktuell niemand über die Verschiebung schockiert ist. Solange es bei der angekündigten Verschiebung bleibe, sei man mit einem „blauen Auge“ davongekommen, heißt es von gut informierter Stelle. Eine Verschiebung um zwei Jahre würde bedeuten, dass der Bau 2026 beginnt und 2029 oder 2030 die Produktion startet. Die Verzögerung betrage damit eigentlich auch nur etwas mehr als ein Jahr, weil der Baubeginn sich auch aufgrund der fehlenden Zustimmung aus Brüssel zu den knapp zehn Milliarden Euro Subventionen des Bundes ohnehin noch verzögert. Die kürzlich erteilte Baugenehmigung für Intel gilt drei Jahre lang.

Baubeginn hängt von Intels Erfolg ab

Ministerpräsident Haseloff und seine Mitstreiter wissen aber natürlich zugleich, dass sich aus der angekündigten Verschiebung aus mehreren Gründen auch noch ein Scheitern entwickeln kann. Zuvorderst hat das Projekt nur dann eine Chance, wenn der strauchelnde Chip-Hersteller wieder Tritt fasst und die Investition stemmen kann. Der Verbleib von Pat Gelsinger an der Konzernspitze dürfte ein weiterer Punkt sein, denn Magdeburg war sein Projekt und Haseloff hat einen Draht zu Gelsinger aufgebaut.

Neben der Konzernlogik spielt aber auch die Welt- und Bundespolitik hinein: In der Intel-Mitteilung von Montagabend fällt auf, dass sich der Konzern auffällig stark zu seiner amerikanischen Heimat und den dortigen Investitionsprojekten bekennt. Dies dürfte mit den hohen Subventionen aus dem „Inflation Reduction Act“ von Präsident Biden zusammenhängen. In Magdeburg wird zudem darauf verwiesen, dass Intel jüngst einen großen Auftrag vom amerikanischen Militär erhielt. Nach der Präsidentschaftswahl im November könnte der patriotische Druck auf den Konzern etwas nachlassen – vielleicht allerdings, je nach Ausgang, auch zunehmen. In Magdeburg weiß man, dass die Standortentscheidung so oder so politisch bleiben wird.

Befremden in Magdeburg über Lindners Pläne

Das gilt auch für die Berliner Ebene: Am Montagabend dauerte es nach der Mitteilung von Intel nur einige Minuten, bis Bundesfinanzminister Christian Lindner ankündigte, die eingeplanten Milliarden für Intel anders zu verwenden. Dieser Vorgang führte in Magdeburg parteiübergreifend zu Befremden. Mit Kanzler Scholz ist sich Haseloff einig, dass das Projekt fortgeführt werden soll. Beim Thema Intel gibt es zudem eine enge Abstimmung zwischen Haseloff und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck; der Grünen-Politiker ist ebenfalls ein Befürworter des Projekts.