Katherina Reiche, die bald das Bundeswirtschaftsministerium übernehmen wird, kennt sich bestens mit der Wasserstoffwirtschaft aus. Als Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates hat sie viel Respekt in der Branche erlangt. Doch selbst sie kann nicht einfach so den begehrten Energieträger herbeizaubern. Die Politik hat bereits viel versucht, den Teufelskreis aus mangelnder Nachfrage und knappem Angebot zu durchbrechen. Hohe Kosten, zögerliche Investitionen und geopolitische Unsicherheiten bremsen die Entwicklung des Marktes.
Deutschland ist in Bezug auf die Planung wichtiger innerdeutscher Leitungen bereits weiter als viele andere europäische Länder. Bis 2032 sollen 9000 Kilometer entweder neu gebaut oder umgewidmet werden. Das Kernnetz wird durch ein pragmatisches Modell finanziert, das auch künftige Nutzer an den Baukosten beteiligt. Trotzdem ist klimafreundlicher Wasserstoff weiterhin knapp und zu teuer. Auch die geographische Verteilung der Leitungen ist besser als ihr Ruf. In Branchen wie der Herstellung von Methanol, Ammoniak, Düngemitteln und Stahl sowie Raffinerien wird der Wasserstoff am dringendsten gebraucht.
Trotz der Aussicht auf ein Transportnetz zögern Chemie- und Stahlindustrie, in den Umbau ihrer Produktionsprozesse zu investieren. Die Erzeugungskosten von grünem Wasserstoff sind höher als erwartet, auch aufgrund strenger EU-Regeln. Der Verfall des Erdgaspreises macht die Konkurrenzfähigkeit des grünen Wasserstoffs zusätzlich schwierig. Doch die Transformation der gesamten Industrie zu einer klimaneutralen Zukunft ist von entscheidender Bedeutung. Es wird Zeit brauchen, bis sich alles stabilisiert und sich ein neuer Wirtschaftszweig vollständig etabliert hat.