Flicks Farbenpracht in Barcelona

Wenn in Barcelona gerade gefeiert wird, freut man sich anderswo ein bisschen mit. Zum Beispiel in Frankfurt. Beim Deutschen Fußball-Bund sehen sie zumindest aus der Ferne wieder einen Menschen, den sie selbst kennen und schätzen gelernt haben. Einen Mann, der Freude daran hat, andere zum Leuchten zu bringen. Diese Gabe hatte man auch schon in München bestaunt, wo der FC Bayern nach dem Kovac-Intermezzo, das am Ende so grau war wie dessen Bartansatz, wieder in prächtigen Farben strahlte. Jetzt, in Barcelona, ist es aber erstmal etwas anderes, das für Staunen sorgt: Wie Hansi Flick, der frühere Bayern- und Bundestrainer, selbst wieder Farbe bekommen hat.

Farbenfrohe Renaissance

Eigentlich sollte man die Graugänse an dieser Stelle gar nicht mehr erwähnen. Sie sind zwar zu einer Chiffre des deutschen Scheiterns bei der Weltmeisterschaft in Qatar geworden, aber wenn man wissen will, warum aus dem eben noch strahlenden Sieger Flick ein Gesicht der Niederlage wurde – und damit auch, wie es möglich ist, dass sich das Bild gerade wieder dreht –, führt ihr Flug in die Irre. Eine heißere Spur ist, zum Beispiel, diese: Dass Hansi Flick, 60 Jahre alt aus Bammental bei Heidelberg, sich ein Stück weit selbst verloren hatte.

Mut und Vertrauen

Verdichtet man Flicks Fußball- und Führungsphilosophie auf das Wesentliche, landet man bei zwei Prinzipien: Mut und Vertrauen. Mut, den er unbedingt von seinen Spielern einfordert. Weil nur so der Fußball entsteht, den er sehen will. Das erkannte man bei seinen Sieben-Titel-Bayern, in den ersten Monaten bei der Nationalmannschaft und am deutlichsten wohl jetzt, in den Spielen des FC Barcelona, mit denen er zuerst Pokalsieger und am Donnerstagabend auch Meister geworden ist. Vertrauen wiederum, das er nicht nur seinen Spielern, sondern auch vielen anderen Menschen schenkt und diese das unbedingt spüren lässt. Weil er überzeugt ist, dass das in einem Team die entscheidenden Kräfte freisetzt.

Unglücklicherweise sind Mut und Vertrauen im Sport manchmal auch Widersacher. So wie in jenem qatarischen Winter von 2022, als es darum ging, wer die deutsche Mittelfeldzentrale bildet. Flick schenkte Ilkay Gündogan das Vertrauen. Er wollte aber auch Leon Goretzka Vertrauen schenken. Was es in dieser Situation gebraucht hätte, war etwas anderes: Den Mut, eine Entscheidung zu treffen. Man kann sagen: Diese Mutlosigkeit hatte einen größeren Einfluss auf das Scheitern als jeder Vogelflug. Und man sagt auch nicht zu viel, wenn man eine direkte Spur zu Julian Nagelsmanns Führungsphilosophie für die EM 2024 legt (Stichwörter: Goretzka, Rollenmodell).