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Wenn heute der Parteitag der Grünen in Wiesbaden beginnt, fällt eines besonders auf: die Anhäufung von Wirtschaftspolitikern an der Spitze der Grünen. Die designierte Parteivorsitzende Franziska Brantner ist derzeit noch parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck. Ihr Kollege Felix Banaszak hat im Wirtschafts- und Haushaltsausschuss des Bundestags das Geld für die Transformation der Wirtschaft beschafft, und der designierte Wahlkampfmanager Andreas Audretsch betreut als Fraktionsvize die Themen Wirtschaft und Arbeit. Sven Giegold, der als stellvertretender Vorsitzender kandidiert, ist ein weiterer Parteiimport aus dem Wirtschaftsministerium.

Auf die Frage nach dieser Häufung sagte Andreas Audretsch gegenüber der F.A.Z.: „Wir haben das nicht geplant, aber es passt gut. Die Wirtschaftspolitik wird eine wichtige Rolle im Wahlkampf spielen.“ Die Partei sei gut aufgestellt. Es war bereits vor Wochen abzusehen, dass die wirtschaftliche Lage Deutschlands und mögliche Lösungsansätze ein dominierendes Thema im Wahlkampf sein würden. Die CDU strebt danach, „die Arbeitnehmerpartei in Deutschland zu werden“ (Friedrich Merz). Die SPD hingegen umwirbt nicht nur Rentner, sondern auch Beschäftigte in der Industrie.

Die wirtschaftspolitische Ausrichtung der Grünen im Wahlkampf ist im Gegensatz zum Personaltableau noch nicht klar kommuniziert. Es gibt unterschiedliche Meinungen in der Partei, insbesondere zwischen den „Realos“ und dem linken Flügel. Während der linke Flügel beispielsweise die Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus als heilig betrachtet, hat der Realo Robert Habeck im Sommer das Thema heruntergespielt und betont, dass Politik sich mehr auf „soziale Infrastruktur“ als auf Sozialleistungen konzentrieren sollte. Franziska Brantner hingegen unterstützt neue Freihandelsabkommen, während der linke Flügel die Exportorientierung der deutschen Wirtschaft kritisch sieht.

Brantner versucht vor dem Parteitag zu deeskalieren und betont, dass Wirtschafts- und Sozialpolitik Hand in Hand gehen sollten. Sie möchte die Polarisierung zwischen den Flügeln überwinden. Die Grünen planen, das Thema Klimaschutz im Wahlkampf prominent zu platzieren, um sowohl ihre Kernwählerschaft als auch frühere Merkel-Anhänger anzusprechen. Ein weiteres zentrales Thema wird die soziale Gerechtigkeit sein, wobei eine bessere Daseinsvorsorge und die Besteuerung von Vermögenden eine Rolle spielen.

Die Grünen werden im Wahlkampf voraussichtlich die Lockerung der Schuldenbremse fordern, wie sie es in den vergangenen Jahren bereits mit der SPD getan haben. Interessant wird sein, wie sie sich in der Steuerpolitik positionieren. Eine Debatte zur Finanzpolitik steht auf der Tagesordnung des Parteitags. Es bleibt abzuwarten, ob die Grünen diesmal mit ihrer Steuerpolitik erfolgreicher sind als bei vergangenen Wahlen.