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Fremdgehen: Psychologische Einblicke in die Welt der Untreue

Berlin. Das Thema Fremdgehen ist in der Gesellschaft oft stark tabuisiert und mit negativen Konnotationen behaftet. Doch ist es wirklich so einfach, diejenigen, die fremdgehen, als gefühllose Bösewichte abzustempeln? Ein renommierter Experte, Dr. Clemens von Saldern, sieht die Psychologie des Seitensprungs differenzierter und erklärt, dass es oft tieferliegende Gründe gibt, die zu einem solchen Verhalten führen.

Therapeutische Einblicke: Der Beginn eines Seitensprungs

Fremdgehen ist kein plötzliches Ereignis, sondern ein schleichender Prozess, wie der Berliner Paartherapeut Dr. Clemens von Saldern feststellt. Oft beginnen Seitensprünge mit unscheinbaren Alltagsgesprächen, die im Laufe der Zeit an Intensität gewinnen und schließlich zu emotionaler oder körperlicher Nähe führen. Von Saldern betont, dass die Entscheidung zum Fremdgehen eine Abwägung zwischen Belohnung und Bestrafung ist. Besonders in Zeiten von Beziehungsproblemen oder nachlassender Verliebtheit kann die Versuchung des Seitensprungs überwiegen. Hormone spielen ebenfalls eine Rolle, da sie die Abwägung zugunsten der Belohnung verschieben können, was zu einem „Aus-dem-Ruder-Laufen“ führt.

Die Psychologie des Fremdgehens: Motive und Emotionen

Die Motive, die Menschen zum Fremdgehen treiben, sind vielfältig und oft persönlicher Natur. Ein starkes Motiv ist die Sehnsucht nach Neuem. Das Neue bietet einen neurologischen Kick, der eine positive Reaktion auslöst und eine starke Anziehungskraft ausübt. Ein weiteres Motiv ist der Nachholbedarf, besonders bei jungen Paaren, die von der Angst getrieben sind, etwas zu verpassen. Die Suche nach Bestätigung spielt ebenfalls eine große Rolle, da eine Affäre oft das Gefühl vermittelt, besonders zu sein und Aufmerksamkeit zu erhalten. Vergeltung kann ein weiterer Antrieb für Untreue sein, wenn sich jemand schlecht behandelt fühlt und das Bedürfnis nach Rache entsteht.

Die Psychologie des moralischen Disengagements

Das Konzept des moralischen Disengagements, das vom Psychologen Albert Bandura eingeführt wurde, beschreibt, wie Menschen ihr Fehlverhalten rationalisieren, um ihr Selbstbild zu wahren. Dieses Konzept wurde weiterentwickelt und unter dem Begriff „Self-Concept Maintenance“ bekannt. Paartherapeut von Saldern ist der Meinung, dass Menschen sich ihres Fremdgehens oft bewusst sind, es jedoch verdrängen, um die unangenehmen Konsequenzen zu ignorieren. Er spricht von einer „bewussten Unbewusstheit“, bei der das Bewusstsein und das Unterbewusstsein zusammenarbeiten, um die unangenehmen Konsequenzen zu umgehen.

Psychologische Langzeitfolgen eines Seitensprungs

Die psychischen Folgen des Fremdgehens sind vielfältig und hängen von den individuellen Motiven ab, die zu einem Seitensprung geführt haben. Menschen, die fremdgehen, geraten oft in einen inneren Konflikt, da sie das Gefühl haben, mehr geben zu müssen, als sie bereit sind. Die Komplexität der Lügen und Täuschungen kann zu Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen führen, was letztendlich beide Beziehungen destabilisieren kann. Selbst für diejenigen, die bewusst auf einen Seitensprung verzichten, bleibt oft die Frage, ob sie etwas verpasst haben.

Die Bedeutung offener Kommunikation in Beziehungen

Paartherapeut von Saldern betont die Bedeutung offener Kommunikation in Beziehungen, um unausgesprochene Bedürfnisse anzusprechen und gemeinsam an der Beziehung zu arbeiten. Indem Paare im Gespräch bleiben und als „Komplizen“ zusammenarbeiten, können sie ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln und sich gegenseitig unterstützen. Dies kann dazu beitragen, die Versuchung des Fremdgehens zu reduzieren und die Partnerschaft zu stärken.

Die Rolle der Gelegenheit und des Erfolgserlebnisses beim Fremdgehen

Ein weiterer wichtiger Faktor, der Menschen zum Fremdgehen treibt, ist die Gelegenheit. Menschen, die von anderen als attraktiv wahrgenommen werden, sind häufiger Versuchungen ausgesetzt. Einmalige Erfolgserlebnisse, die mit einem Seitensprung einhergehen, können süchtig machen und dazu führen, dass Betroffene ihr Verhalten nicht ändern, solange der Seitensprung unentdeckt bleibt. Erst wenn der Seitensprung auffliegt, sind die Betroffenen gezwungen, ihr Verhalten zu überdenken.

Fazit

Fremdgehen ist ein komplexes Thema, das tiefe Einblicke in die psychologische Welt der Untreue erfordert. Die Motive, die Menschen zum Fremdgehen treiben, sind vielfältig und individuell. Offene Kommunikation, die Auseinandersetzung mit unausgesprochenen Bedürfnissen und die gemeinsame Arbeit an der Beziehung können dazu beitragen, die Versuchung des Fremdgehens zu reduzieren und die Partnerschaft zu stärken. Es ist wichtig, die psychischen Langzeitfolgen eines Seitensprungs zu berücksichtigen und sich bewusst zu machen, welche Auswirkungen ein solches Verhalten auf das Selbstbild und die Beziehungen haben kann. Letztendlich liegt es an jedem Einzelnen, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und die eigenen Beziehungen zu reflektieren.