Die wachsende Not und Verzweiflung in Afghanistan
Die Herrschaft der Taliban in Afghanistan hat die Situation im Land weiter verschärft. Seit dem chaotischen Abzug westlicher Truppen vor dreieinhalb Jahren stehen Frauenrechte unter massivem Druck, und die wirtschaftliche Lage verschlechtert sich zusehends. Die jüngste Entwicklung, der Wegfall der US-Hilfe, hat die humanitäre Krise im Land weiter verschärft.
US-Präsident Donald Trumps Dekret zur Einstellung der US-Auslandshilfen hat bereits spürbare Auswirkungen auf die Bevölkerung in Afghanistan. Laut den Taliban haben viele Gesundheitseinrichtungen in den Provinzen Ghazni und Bamyan ihren Betrieb eingestellt, darunter Kliniken, Gesundheitszentren und mobile medizinische Teams. Insgesamt sind etwa 41 Einrichtungen betroffen, wie der afghanische Nachrichtensender Tolonews berichtet.
Afghanistan-Experte Thomas Ruttig warnt vor den dramatischen Folgen dieser Entscheidung. Einheimische und internationale Organisationen mussten bereits Projekte und Programme einstellen, und die Versorgungslage der Bevölkerung wird zunehmend prekär. Das Welternährungsprogramm warnt davor, dass nur noch die Hälfte der bedürftigen Menschen versorgt werden kann, und viele leben mittlerweile nur noch von Brot und Tee.
Die USA waren bisher der größte Geldgeber für humanitäre Hilfe in Afghanistan. Doch nach der Vereidigung von Präsident Trump im Januar wurden die Auslandshilfen seines Landes für drei Monate eingefroren, was auch Afghanistan betrifft. Die Entscheidung, die Hilfe zu kürzen, gefährdet das Leben vieler Afghaninnen und Afghanen und verschärft die ohnehin prekäre Lage im Land.
Die radikalislamischen Taliban haben seit ihrer Machtübernahme im August 2021 ein islamisches Emirat ausgerufen und setzen ihre strenge Auslegung des Islam im Land durch. Obwohl sich die Sicherheitslage seitdem insgesamt beruhigt hat, sorgen bewaffnete Gruppen weiterhin für Instabilität. Der lokale Ableger des „Islamischen Staates“ und einige Anti-Taliban-Gruppen tragen ebenfalls zur Unsicherheit im Land bei, wie Ruttig erklärt.
Besonders besorgniserregend ist die systematische Entrechtung von Frauen und Mädchen in Afghanistan. Unter der Herrschaft der Taliban sind ihre Rechte massiv eingeschränkt worden, und sie werden einer extremen Diskriminierung ausgesetzt. Mädchen dürfen nur noch bis zur sechsten Klasse zur Schule gehen, und Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten sind stark begrenzt. Frauen dürfen nicht ihr Gesicht zeigen, Parks besuchen oder in der Öffentlichkeit arbeiten.
Die Arbeit von Hilfsorganisationen ist ebenfalls stark eingeschränkt, da sie mit den Taliban verhandeln müssen, um ihre Projekte fortzusetzen. Diese Ausnahmeregelungen sind jedoch fragil, und die Frauenrechte werden massiv beschnitten. Experten bezeichnen die Situation als „Geschlechter-Apartheid“.
Die Taliban-Regierung ist international isoliert und von keinem Staat oder keiner internationalen Organisation anerkannt. Dies führt zu Schwierigkeiten bei Abschiebungen und anderen diplomatischen Angelegenheiten. Trotzdem haben die Taliban signalisiert, dass sie bereit sind, mit der Bundesregierung in Deutschland zusammenzuarbeiten, insbesondere nach dem Anschlag in München.
Die Zukunft Afghanistans bleibt ungewiss, und eine schnelle Veränderung ist nicht in Sicht. Trotz schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen und wirtschaftlicher Probleme sieht der Afghanistan-Experte Ruttig wenig Hoffnung auf eine schnelle Lösung. Die Taliban könnten noch lange an der Macht bleiben, ähnlich wie im benachbarten Iran, wo Opposition gegen das Regime nur langsam Fortschritte macht.