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Die Herausforderungen der europäischen Autoindustrie: Eine Analyse von Ford-Chef Jim Farley

Die Diskussionen um Elektroautos in Europa aus der Perspektive des Ford-Konzernchefs Jim Farley mit Firmensitz in Dearborn bei Detroit erscheinen anders als in Europa. Farley betont, dass sie sich erst in der Anfangsphase des Rennens um die Reduzierung des CO2-Ausstoßes befinden. Er vergleicht die Situation gerne mit einem Baseballspiel, in dem es neun Spielabschnitte gibt, die als „Inning“ bezeichnet werden. Farley sieht den Weg noch weit und betont, dass noch nichts endgültig entschieden ist. Er bemerkt, dass einige europäische Hersteller einen schwierigen ersten Spielabschnitt hatten.

Ford ist ebenfalls von der Marktschwäche für Elektroautos betroffen, nachdem die Kölner Fabrik nur noch Elektromodelle produziert. Einschnitte könnten bevorstehen, aber Farley äußert sich vorerst nicht dazu. Er betont, dass die nächste Runde entscheidend sein wird. Farley prognostiziert, dass der Wettlauf mit den Chinesen in der zweiten Runde beginnen wird. Tesla wird gezwungen sein, die Preise zu senken, und kleine erschwingliche Autos werden im Fokus stehen. Kosten müssen um 20 bis 30 Prozent gesenkt werden.

Für Farley kommt es vor allem auf den Preis, die Werthaltigkeit für den Kunden und die digitale Erfahrung an. Er stellt die Frage, ob Luxus im Automarkt in Deutschland oder in China definiert wird. Farley glaubt, dass der Luxusmarkt nicht mehr automatisch von traditionellen Herstellern beherrscht wird und dass Luxus in China neu definiert wird, basierend auf Elektronik und Digitalität.

Ford plant bereits die Produktion von rein elektrischen leichten Nutzfahrzeugen und Lieferwagen. Farley betont die Bedeutung einer eigenen Elektroplattform für diese Fahrzeuge. Er hebt hervor, dass die Anforderungen des Transportmarktes nur mit speziellen Plattformen für den Elektroantrieb erfüllt werden können. Farley weist darauf hin, dass DHL bereits 60 Prozent auf Elektroantrieb setzen wird, da dies kosteneffizienter ist.

Farley erwähnt, dass Ford bisher einen Vorteil durch ihre breite Produktpalette hatte, aber dass dieser Vorteil durch günstige chinesische Elektrolieferwagen in Europa bedroht ist. Er betont die Bedeutung von Service und Software als neue Wettbewerbsfaktoren. Farley sieht die Zukunft darin, dass Autos selbstständig Defekte melden und von fahrenden Mechanikerteams gewartet werden können.

Der Ford-Chef macht deutlich, dass die Transformation in Richtung Elektroantrieb für die europäische Autoindustrie einen Fitnesstest darstellt. Er beobachtet, dass die europäische Autoindustrie im ersten Spielabschnitt bei Elektroautos industriell nicht fit war. Farley warnt vor dem starken Einfluss chinesischer Elektroautos auf den europäischen Markt.

Die Frage nach dem Antrieb für Personenwagen in Europa ist laut Farley komplexer als bei leichten Nutzfahrzeugen. Die Bereitschaft der Autofahrer zur Umstellung auf Elektroautos hängt von der Nutzung des Autos ab. Farley betont, dass Verbrenner, Hybridantriebe und reine Elektroautos noch lange nebeneinander existieren werden.

Farley hat sich zum Ziel gesetzt, die Stimmung und den Markt in Europa auf eigene Faust zu erkunden. Er fuhr tausende von Kilometern in einem elektrischen Ford Transit Custom durch Deutschland nach Italien, um mit Autohändlern und Handwerkern zu sprechen. Farley betont die Bedeutung von direkten Erfahrungen an der Basis, inspiriert von seiner Zeit bei Lexus.

Der 62-jährige Ford-Chef bringt eine lange Erfahrung im Automobilbereich mit, sowohl bei Toyota als auch bei Ford. Seit 2020 hat er den Konzern in drei eigenständige Sparten aufgeteilt: Ford Blue für das traditionelle Verbrennergeschäft, Ford Model e für Elektroautos und Ford Pro für die Lieferwagensparte. Farley betont die Komplexität der Antriebsformen und die bevorstehenden Herausforderungen für die Autohersteller.

Insgesamt stehen die europäische Autoindustrie und Ford vor großen Herausforderungen in Bezug auf die Transformation zum Elektroantrieb. Farley betont die Notwendigkeit, den Markt aufmerksam zu beobachten und sich auf die sich entwickelnden Trends einzustellen. Die Zukunft des Automobilsektors wird stark von Innovation, Digitalisierung und Kundenbedürfnissen geprägt sein.