Die RAF in Hamburg: Erstes Opfer der Terroristen – Gedenkort in der Stadt
Hamburg. Die Fahndung nach Terrorverdächtigen wird weiterhin intensiviert. Die RAF hinterlässt ihre Spuren in Hamburg, wo sich Lebenswege kreuzten und ein Polizist erschossen wurde. Seit Anfang des Jahres wird intensiv nach Garweg und Staub gesucht. In Hamburg fand das erste Opfer der RAF seinen Tod. Gudrun Ensslin wurde am Jungfernstieg verhaftet. Am Mittwoch sollte der jahrelang gesuchte ehemalige RAF-Terrorist Burkhard Garweg in einem ICE in Berlin-Spandau von GSG9-Einsatzkräften festgenommen worden sein. Später stellte sich heraus, dass es nicht der Gesuchte war. Obwohl es sich nicht um Garweg handelte, wirft das aktuelle Geschehen erneut ein Schlaglicht auf die RAF und ihre Geschichte, bei der auch Hamburg eine entscheidende Rolle spielte. Die Polizei schien den beiden gesuchten RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Garweg schon im März in Berlin auf der Spur zu sein, nachdem Ende Februar deren Komplizin Daniela Klette enttarnt wurde, die in der Hauptstadt unter falschem Namen gelebt hatte. Im März wurde in Berlin-Friedrichshain unter anderem ein Bauwagen durchsucht, in dem Garweg offenbar gelebt hatte. Die Berliner und die niedersächsische Polizei stellten sich auf längere Ermittlungen ein. Klette, Staub und Garweg gehörten nach Einschätzung der Ermittler der dritten Generation der früheren linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion an, der zahlreiche Morde und Anschläge zur Last gelegt werden. Sie lebten seit Jahrzehnten im Untergrund. Welche Spuren haben sie in Hamburg hinterlassen?
Der RAF-Terror und seine Spuren in Hamburg
Es ist nach Mitternacht, als Polizeimeister Norbert Schmid und sein Kollege Heinz Lemke die Fahrgäste beobachten, die den S-Bahnhof in Poppenbüttel verlassen. Sie parken ihr Zivilfahrzeug in den frühen Stunden des 22. Oktober 1971 auf dem Parkplatz des Alstertal-Einkaufszentrums und blenden das Licht ab. Es sind nur wenige Menschen in dieser Nacht zum Freitag unterwegs. In der Gegend wurden vermehrt Einbrüche gemeldet, und die Taten der Roten Armee Fraktion (RAF), zumeist noch „Baader-Meinhof-Bande“ genannt, beunruhigen das ganze Land. Die Polizisten haben neuerdings Anweisung, auf Personen mit terroristischem Hintergrund zu achten.
In der Nähe sitzen zur selben Zeit führende Mitglieder der RAF in einer konspirativen Wohnung zusammen, am Heegbarg 13, in einem anonymen Block im dritten Stock. Sie werden deutschlandweit gesucht. Auf dem Boden liegen Schaumstoffmatratzen, die Fenster sind mit Stoffbahnen verhängt. Verstreut liegen Funksprechgeräte, ein Radio, Werkzeug, Pistolen, viel Munition, Sprengstoff und ein Koffer mit Polizeiuniformen herum. Es sind etwa zehn Personen, die zusammengekommen sind: Ulrike Meinhof, Holger Meins, Jan-Carl Raspe, Irmgard Möller, Margrit Schiller und andere. Schiller schildert später in ihrem „Lebensbericht aus der RAF“: Ulrike Meinhof musste telefonieren und wollte Kontakt zu Terroristen in anderen konspirativen Wohnungen aufnehmen, sie brauchte Geleitschutz zu einer Telefonzelle.
Um kurz nach eins gehen die drei Polizisten auf die Straße. Sie entdecken den Ford mit dem abgeblendeten Licht und schöpfen sofort Verdacht: Das könnte die Polizei sein. Schmid steigt aus und versucht, einer jungen dunkelhaarigen Frau zu folgen, die er jedoch aus den Augen verliert. Mit seinem Kollegen sucht er die Gegend ab. Am Wentzelplatz entdecken sie die Frau bald darauf wieder, sie kommt aus einer Tiefgarage des Alstertal-Einkaufszentrums. Sie merkt, dass sie beobachtet wird. Schmid fordert die Frau auf, stehen zu bleiben, doch sie flüchtet den Heegbarg entlang. Der 32-jährige Polizeimeister und sein Kollege fahren hinterher, lassen dann ihren Ford stehen und verfolgen die Frau. Plötzlich nähert sich ein Paar, es kommt aus derselben Tiefgarage und geht den Heegbarg hinunter.
Es sind Müller und Meinhof. Sie ruft „Scheiße, das sind Bullen.“ Polizist Schmid hat Margrit Schiller erreicht, packt die 23-Jährige am Arm. Auch das Pärchen ist jetzt ganz nah. Da fällt ein Schuss. „Mensch, die schießen ja“, ruft Schmid noch. Lemke kann sich dank der Warnung hinter einen Mauervorsprung retten, eine Kugel verletzt ihn am Fuß. Polizeimeister Schmid bricht, von vier Kugeln getroffen, zusammen und stirbt. Seine Frau Sigrun Schmid ist 25 Jahre alt, als ihr Mann vom Dienst nicht mehr zurückkehrt. Sie haben zwei kleine Töchter, für die die Mutter nun allein sorgen muss. Norbert Schmid ist das erste Todesopfer der RAF. 33 weitere sollen ihm bis zur Selbstauflösung der Terrorgruppe im Jahr 1998 folgen.
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