Wirtschaft und AfD: Konfrontation vor Thüringen Landtagswahl

Wirtschaft und AfD: Konfrontation vor Thüringen Landtagswahl

Wenige Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen gehen Wirtschaft und AfD in eine offene Konfrontation. Der thüringische Spitzenkandidat der AfD, Björn Höcke, zog am Wochenende auf einer Wahlkampfveranstaltung in Sömmerda über die Kampagne „Made in Germany, made by Vielfalt“ her, mit der sich Familienunternehmen gegen die ausländerfeindlichen Parolen der AfD wenden. Unternehmen „sollten einfach mal die Klappe halten, wenn es um Politik geht“, sagte Höcke. „Ich hoffe, dass diese Unternehmen in schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen kommen.“ Am Montag konterte der thüringische Landesverband der Familienunternehmer: „Höckes Verwünschungen zeigen, wie wirtschaftsfeindlich die AfD ist“, sagte die Vorsitzende Colette Boos-John. Die Leidtragenden von Turbulenzen seien die Beschäftigten vor Ort. „Um es klar zu sagen: Thüringen steht bei dieser Landtagswahl an der Abbruchkante zur wirtschaftlichen Katastrophe.“

Unternehmen werben für Weltoffenheit

Die großen Wirtschaftsverbände haben lange Zeit mit sich gerungen, wie sie sich angesichts der hohen Umfragewerte der AfD verhalten sollen. Normalerweise lautet ihr Grundsatz, sich nicht zu einzelnen Parteien zu äußern, sondern mit den gewählten Regierungen zusammenzuarbeiten, unabhängig von der Parteifarbe. Im Januar bezog dann aber angesichts von Forderungen nach einer „Remigration“ Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI) und einer der prominentesten Wirtschaftsvertreter in Berlin, Stellung: „Ich bitte wirklich jede Wählerin und jeden Wähler zu überlegen, welches Gesellschaftsmodell eigentlich von Parteien vorgeschlagen wird.“ Auch die DIHK, der Handwerksverband und die Familienunternehmen betonten, wie wichtig angesichts des Fachkräftemangels ein weltoffenes Deutschland sei. In den vergangenen Wochen sind weitere Aktionen wie die Vielfaltsinitiative von mehr als 40 Familienunternehmen dazugekommen. AfD-Landeschef Höcke bezeichnete diese als „pure Heuchelei“. Diese Unternehmen hätten einmal für „Made in Germany“ gestanden. „Ich habe vor einem halben Jahr noch eine Kettensäge gekauft von Stihl, das würde ich heute nicht mehr machen.“ Der Motorsägenhersteller hatte im April für Aufsehen gesorgt, als er wegen der Forderungen der IG Metall nach einer 32-Stunden-Woche anklingen ließ, künftig lieber in der Schweiz produzieren zu wollen. Später sagte das Unternehmen, es plane keine Verlagerung in die Schweiz. Höcke warf den Familienunternehmen vor, sie schauten zu, wie Deutschland deindustrialisiert werde.

Ohne Zuwanderung gehe in Thüringen bald das Licht aus

In Thüringen liegt die AfD in den Meinungsumfragen seit Wochen bei 30 Prozent, während CDU und BSW jeweils nur auf etwa 20 Prozent kommen. Aus Sicht des thüringischen Unternehmerverbands ist dies eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung. „Wegen der Demographie wird unser kleines Land in den nächsten 10 Jahren über 385.000 Erwerbstätige verlieren, von jetzt nur rund 1 Million“, warnt Boos-John, die selbst ein Bauunternehmen leitet. „Ohne gesteuerte Zuwanderung – was etwas völlig anderes ist als der ungesteuerte Asyl-Zustrom – kann die AfD bald das Licht ausknipsen.“ Auch Grünen-Vorstandsmitglied Heiko Knopf, der aus dem thüringischen Jena kommt, hatte unlängst im Gespräch mit der F.A.Z. davor gewarnt, wie abschreckend fremdenfeindliche Vorfälle etwa auf die vielen indischen Studenten in seiner Stadt wirkten. Die Positionierung der Familienunternehmen gegen rechts hält er für richtig. „Natürlich gibt es Beschäftigte, die auf solche Kampagnen trotzig reagieren und sagen: Ich lasse mir doch nicht vorschreiben, wen ich wähle. Aber mein Eindruck ist, dass diese Aktionen viele Leute zum Nachdenken anregen.“ Die Unternehmen stünden – anders als Parteien – nicht im Verdacht, aus politischem Kalkül vor der AfD zu warnen, „sondern weil sie durch den Erfolg der AfD den Wirtschaftsstandort gefährdet sehen“.

Die Bedeutung von Weltoffenheit für die Wirtschaft

Die Diskussion um die Positionierung der Wirtschaft in Bezug auf die AfD wirft wichtige Fragen auf, die über die unmittelbare politische Auseinandersetzung hinausgehen. Unternehmen spielen eine entscheidende Rolle in der Gesellschaft, nicht nur als Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor, sondern auch als gesellschaftliche Akteure. Ihre Haltung zu politischen Themen kann eine Signalwirkung haben und Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung nehmen. In einer Zeit, in der populistische Bewegungen wie die AfD erstarken und demokratische Grundwerte in Frage gestellt werden, ist es daher von besonderer Bedeutung, dass Unternehmen eine klare Position beziehen und sich für eine offene und tolerante Gesellschaft einsetzen. Die Vielfaltsinitiative der Familienunternehmen ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Signal, das zeigt, dass sich die Wirtschaft aktiv für eine pluralistische und inklusive Gesellschaft engagiert.

Die Rolle der Politik in der wirtschaftlichen Entwicklung

Die politische Landschaft in Deutschland ist von zunehmender Polarisierung geprägt, was sich auch auf die Wirtschaft auswirkt. Die AfD vertritt Positionen, die im Widerspruch zu den Interessen vieler Unternehmen stehen, insbesondere in Bezug auf Weltoffenheit, Fachkräftemangel und Wirtschaftswachstum. Die Konfrontation zwischen Wirtschaft und AfD ist daher nicht nur eine politische Auseinandersetzung, sondern auch ein Ausdruck von unterschiedlichen Zukunftsvisionen für Deutschland. Die AfD setzt auf Abschottung, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit, während die Wirtschaft auf Offenheit, Internationalität und Vielfalt setzt. Diese grundlegenden Wertekonflikte prägen die Debatte um die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und zeigen, wie eng Politik und Wirtschaft miteinander verflochten sind.

Die Herausforderungen der Globalisierung für die deutsche Wirtschaft

Die Globalisierung stellt die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen, die eine offene und flexible Haltung erfordern. Unternehmen müssen sich zunehmend in einem internationalen Wettbewerbsumfeld behaupten und sich auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen. Die Digitalisierung, der Klimawandel und geopolitische Konflikte sind nur einige der Faktoren, die die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen. In dieser komplexen und unsicheren Weltlage ist es umso wichtiger, dass die Wirtschaft ihre Stimme erhebt und sich für eine nachhaltige, zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik einsetzt. Die Auseinandersetzung mit der AfD ist dabei nur ein Beispiel für die vielfältigen Herausforderungen, denen sich die Wirtschaft stellen muss.

Die Bedeutung von Vielfalt und Innovation für die wirtschaftliche Entwicklung

Die Wirtschaft ist auf Vielfalt und Innovation angewiesen, um langfristig erfolgreich zu sein. Unternehmen, die auf starre Strukturen und einseitige Weltbilder setzen, laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren und auf Dauer nicht wettbewerbsfähig zu sein. Vielfalt bedeutet nicht nur kulturelle Vielfalt, sondern auch Vielfalt in Denkweisen, Arbeitsweisen und Geschäftsmodellen. Unternehmen, die diese Vielfalt fördern und nutzen, können sich besser an veränderte Rahmenbedingungen anpassen und innovative Lösungen entwickeln. Die AfD steht mit ihrer rückwärtsgewandten und nationalistischen Politik im Widerspruch zu diesen Prinzipien und gefährdet damit die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Fazit

Die Konfrontation zwischen Wirtschaft und AfD vor den Landtagswahlen in Thüringen zeigt deutlich die fundamentalen Wertekonflikte, die die politische und wirtschaftliche Landschaft in Deutschland prägen. Die Positionierung der Familienunternehmen für Weltoffenheit und Vielfalt ist ein wichtiges Signal, das zeigt, dass sich die Wirtschaft aktiv für demokratische Grundwerte und eine pluralistische Gesellschaft einsetzt. Die Auseinandersetzung mit der AfD ist dabei nur ein Beispiel für die vielfältigen Herausforderungen, denen sich die Wirtschaft in einer globalisierten Welt gegenübersieht. Es bleibt zu hoffen, dass Unternehmen und Politik gemeinsam Wege finden, um die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland im Sinne einer offenen, toleranten und innovativen Gesellschaft voranzubringen.