Also, die über 51 Millionen Follower der verschiedenen Profile in neun verschiedenen Sprachen von @Pontifex auf der Plattform X haben sicherlich bemerkt, dass sich der Name des Accounts zu Beginn dieser Woche geändert hat. Aus „Papst Franziskus“ ist „Apostolica sedes vacans“ geworden, was auf Lateinisch „vakanter apostolischer Stuhl“ bedeutet. Auch das Foto ist nicht mehr dasselbe. Das Emblem des Heiligen Stuhls wurde durch das päpstliche Wappen der Sedisvakanz ersetzt. Es zeigt über den gekreuzten Schlüsseln Petri den sogenannten Ombrellino, einen rotgelb gestreiften Schirm, der die Abwesenheit eines Papstes symbolisiert.
Zum selben Zeitpunkt gab der Vatikan bekannt, dass die Vorbereitungen für das Konklave in der Sixtinischen Kapelle begonnen haben und diese von sofort an geschlossen ist – keine Fotos, keine Touristen. Nur jahrhundertealte Tradition und eine Frage: Wer wird der nächste Papst? Der Kamin zum Verbrennen der Wahlzettel, Tische, Stühle werden hineingebracht. Die Sixtinische Kapelle wird zu einer Art Festung – kein Internet, keine Handys, kein anderer Kontakt zur Außenwelt. Nur die eingeschlossenen Kardinäle, allein unter sich. Doch schon jetzt ist eines klar: Das, was am 7. Mai beginnt, wird zugleich das erste virale Konklave der Geschichte sein und das erste, das als popkulturelles Ereignis begangen wird.
Die Kardinäle in einem Trailer der Formel 1
Davon kündet die Menge an Videos, KI-generierten Bildern, Memes und Reels, die es jetzt in den sozialen Medien gibt und die mindestens so enorm ist wie die Anzahl der Trauernden, die dem Papst die letzte Ehre erweisen wollte. Einige der Beiträge auf den Plattformen sind ehrfürchtig-fromm, sehr viele lustig oder auch informativ. Erklärt wird beispielsweise der Ablauf des Konklaves, die teilnehmenden Kardinäle werden steckbriefhaft vorgestellt, was sehr praktisch ist, da die breite Öffentlichkeit ihre Gesichter kaum kennt: Name, Herkunft, Alter, das Maß an Progressivität. Die Posts werden tausendfach gelikt, geteilt und kommentiert. Auf Tiktok sieht man Videos von Kardinälen, die auf dem Petersplatz wie Popstars in die Menge winken. Auf X wird ihre „Papability“, also die Papsttauglichkeit, analysiert. In Italien, wo das Wetten auf den nächsten Papst verboten ist, spielt man „Fantapapa“, ein Onlinespiel, das von den Fantasy-Ligen von Sportfans inspiriert ist und den Kardinälen bestimmte Spielpositionen zuweist: Der mit den geringsten Chancen ist der Torwart.
Überhaupt sind Entlehnungen aus der Welt des Sports allgegenwärtig: Eines der mit KI erzeugten Videos zeigt die als Favoriten geltenden Kardinäle mit ihren roten Roben in einem Trailer, der eigentlich zur Formel 1 gehört. Sie blicken ernst, die Hände gefaltet, oder nehmen eine typische Rennfahrerpose ein mit vor der Brust verschränkten Armen und konzentriertem Blick. Dazu läuft an- und abflauendes Motorengeräusch, als flitze ein Rennauto vorbei, sowie dramatische Musik.
Bergolios Art der Kommunikation als „Segen“
Ist das alles nur Spielerei? Oder Ausdruck eines wiedererwachten Interesses am Katholizismus und einer Sehnsucht nach Tradition und Ritualen? So oder so dürfte sich die Kirche angesichts der hohen Austrittszahlen über den flirrenden und gut gelaunten digitalen Wirbel um das Konklave freuen. Franziskus, der als erster Papst selbst aktiv die sozialen Medien nutzte, um mit den Gläubigen zu kommunizieren, war für viele in der Generation der Digital Natives auch ein Popstar. Was man jetzt auf Instagram, X und Tiktok erlebt, ist auch die Manifestation seines Erbes.
Als er als neuer Pontifex aus der Konklave 2013 hervorging, gab es weder KI noch Tiktok. Das Wort des Jahres des Oxford Dictionary war „Selfie“, und wer auf Instagram elf Likes bekam, galt als cool. Die Instagramability von betenden Menschenaufläufen, katholischem Pomp und Hochämtern war noch niemandem aufgefallen, und das Interesse der jungen Generation an einer der ältesten Institutionen der Welt überschaubar. Dann trat am 13. März 2013 Papst Franziskus mit einem einfachen „Buonasera“ auf den Balkon des Petersdoms. Ein paar Monate später zierte er das Cover des „Rolling Stone“, und das „Time Magazine“ hatte ihn zur „Person des Jahres“ gekürt.