Am vierten Tag seines Kanzlerdaseins hat Bundeskanzler Friedrich Merz am Freitag einen Trip in die Ukraine unternommen. Er ist nicht alleine gereist, sondern hat sich mit anderen Politikern auf den Weg gemacht. Zusammen mit ihm waren der französische Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk unterwegs nach Kiew. Als Vierergruppe haben sie eine Mischung aus dem deutsch-französisch-polnischen „Weimarer Dreieck“ der Europäischen Union und der „E3“ der NATO gebildet, der Gruppe der „Großen Drei“ aus Berlin, London und Paris. Zuvor, am Donnerstagabend, hatte Merz mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump telefoniert. Am Freitag hatte er vor der Reise nach Kiew Brüssel besucht, um die EU und die NATO zu treffen. Kurz vor der Abfahrt im ukrainischen Nachtzug nach Kiew besprach er sich erneut auf dem polnischen Flughafen Rzeszów nahe der ukrainischen Grenze mit Macron, Starmer und Tusk.
Das Hauptziel, für das sich der Kanzler und seine europäischen Kollegen so engagierten, wurde in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten, die sie am späten Freitagabend veröffentlichten. Gemeinsam mit den USA fordern sie Russland auf, einen vollständigen und bedingungslosen 30-tägigen Waffenstillstand zu akzeptieren, um Raum für Gespräche über einen gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen. Das Kommuniqué lehnte sich eng an einen Post an, den Trump nach seinem Telefonat mit Merz auf seiner Plattform „Truth Social“ veröffentlicht hatte.
Es gibt auch Parallelen zwischen den europäischen und amerikanischen Positionen. In der Erklärung der vier Staats- und Regierungschefs steht zum Beispiel, dass der Druck auf Russlands Kriegsmaschine erhöht wird, solange Russland einem dauerhaften Waffenstillstand nicht zustimmt. Bei Trump heißt es einfach: „Wenn der Waffenstillstand nicht eingehalten wird, werden die USA und ihre Partner weitere Sanktionen verhängen“. Merz hatte sich ähnlich geäußert, als er in Brüssel vor der Reise nach Kiew sagte, Deutschland werde nicht zögern, den Sanktionsdruck zu erhöhen, falls Russland nicht den Weg für echte Friedensverhandlungen einschlage.
Die Europäer folgen einerseits den Vorgaben Amerikas, in Bezug auf den 30-tägigen Waffenstillstand, andererseits gibt es auch Punkte, die amerikanischen Vorstellungen widersprechen. So wird in der gemeinsamen Erklärung der vier gefordert, dass die Ukraine als souveräne Nation in ihren international anerkannten Grenzen entwickelt werden muss. Es wird auch erwähnt, eine „Koalition künftiger Luft-, See-, Land- und Regenerationskräfte“ zu schaffen, um Truppen zur Sicherung eines zukünftigen Friedensabkommens zu stellen.
Es gibt Unterschiede in den Ansichten der vier Reisenden. Macron und Starmer haben in der Vergangenheit auf die Bildung einer Sicherungstruppe hingearbeitet, während Merz sich eher vage dazu geäußert hat. Es bleibt unklar, ob Amerika einer solchen Truppe helfen würde, falls Russland die Soldaten angreifen sollte. Das Telefonat zwischen Merz und Trump hat keine klare Antwort auf diese Frage geliefert.
Merz ist es wichtig, dass jeder europäische Schritt in der Ukraine als gemeinsamer Schritt an der Seite Amerikas angesehen wird. Trump hat in einem Post betont, dass er sich weiterhin für den Frieden zwischen Russland und der Ukraine einsetzen wird, zusammen mit den Europäern. Dies ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht die volle Unterstützung, die Merz sich wünscht.
Es gibt immer noch Unsicherheit in Berlin in Bezug auf Trump. Merz hat betont, dass man das Beste hoffen und auf das Schlimmste vorbereitet sein muss. Seine Haltung gegenüber Russland hat seit seinem Amtsantritt an Schärfe verloren. Er hat nicht mehr offen mit der Lieferung von Waffen gedroht, sondern setzt nun mehr auf die Finanzierung von Langstreckenwaffen vor Ort.
Die deutsche Zurückhaltung in Bezug auf Waffenlieferungen an die Ukraine könnte als bewusste Entscheidung für strategische Zweideutigkeit interpretiert werden. Die Bundesregierung möchte nicht mehr öffentlich über Waffenlieferungen sprechen, um Russland keine Vorwarnung zu geben. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickeln wird.