Kanada und Trump im Zollstreit: Einheit gegen die USA
Vor dem neoklassischen Portikus des Parlamentsgebäudes in Winnipeg prangt eine riesige kanadische Flagge. Die Idee, das rote Ahornblatt dort anzubringen, hatte Ministerpräsident Wab Kinew. Der Regierungschef der Provinz Manitoba ist Sozialdemokrat, Sohn eines Häuptlings und war früher einmal Rapper. Für öffentlichkeitswirksame Aktionen ist er bekannt.
In diesen Tagen stand Kinew mit Mitgliedern seiner Fraktion vor dem Parlament in der Provinzhauptstadt und sagte: So bescheiden und freundlich die Menschen in Manitoba auch seien, wenn sie zu einem Kampf herausgefordert würden, sie seien eine Nation von Eishockeyspielern.
Die kanadisch-amerikanischen Beziehungen stehen unter Spannung, kürzlich kam es bei einem Eishockeyturnier zwischen Kanada und den USA zu Prügeleien. Dies spiegelt die angespannte Lage zwischen den beiden Ländern wider, nur acht Wochen nach dem Amtsantritt Donald Trumps. „Wir wissen“, sagte Kinew, „wann die Zeit für eine richtige Schlägerei gekommen ist.“
Der Showdown auf dem Eis
Nach der Aktion vor dem Parlament setzte der Regierungschef seine Show fort. Er imitierte die inzwischen berüchtigten Signierstunden Donald Trumps im Oval Office und unterschrieb seinerseits einen Erlass. „Dies ist ein wunderbares Dekret, ein schönes Dekret“, sagte Kinew und äffte damit Trump nach. Es verbanne amerikanischen Alkohol aus den Regalen der Spirituosengeschäfte. Während Trump beinahe täglich neue Drohungen ausspricht und sie dann wieder zurücknimmt, zeigt sich die kanadische Regierung ungerührt und hält an ihren Gegenzöllen fest.
In seinen letzten Tagen als Ministerpräsident erklärte Justin Trudeau, die angeführten Gründe für Zölle seien vollkommen fingiert. In Wirklichkeit setze Trump auf einen Zusammenbruch der kanadischen Wirtschaft, weil es dann leichter wäre, das Land zu annektieren. Die Wochen vor der Amtsübergabe an Mark Carney widmete Trudeau ganz dem Kampf mit Trump.
Die menschliche Seite des Zollstreits
Die kanadisch-amerikanischen Beziehungen sind komplex und von gemischten Gefühlen geprägt. Für die Kanadier ist Amerika ein faszinierendes Land, dem sie dennoch kritisch gegenüberstehen. Trotz enger Verbindungen und einer gemeinsamen Geschichte grenzen sie sich gerne ab. Kanada hat eine soziale Marktwirtschaft und eine allgemeine Krankenversicherung, was es von den USA unterscheidet.
Kevin Selch betreibt eine Brauerei im historischen „Exchange District“ in Winnipeg. Er spricht von einem „rally around the flag“-Moment für Kanada: Wenn Gefahr droht, rückt das Land zusammen und versammelt sich unter der Flagge. Es gebe jetzt eine Kampagne, örtliche Produkte zu kaufen. Das findet Selch gut. Es gehe aber nicht nur um einen Handelskonflikt. Es gehe um mehr.
In einer kurzen Pause erzählt Selch von seinen Brüdern, die in den USA geblieben sind und zu „verrückten Trumpisten“ wurden. Als schwuler Mann setzt er sich für gesellschaftspolitische Freiheit ein. Trotz seiner engen Beziehungen zu den USA glaubt er, dass Kanada als Konsequenz aus dem Zollkrieg Abhängigkeiten von Amerika abbauen muss.
Der Weg nach vorne
Die Stadt Winnipeg bereitet sich auf einen Zollkrieg vor, sagt Bürgermeister Scott Gillingham. Als stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung der Bürgermeister kanadischer Großstädte arbeitet er daran, die Auswirkungen der Zölle abzufedern. Die Stadt verfügt über eine diversifizierte Wirtschaft, was es ermöglicht, die Folgen besser zu bewältigen.
Die Liberalen in Kanada holen in den Umfragen auf, nachdem sich der Frontmann der Konservativen von Trump distanziert hat. Pierre Poilievre betont, dass Kanada niemals der 51. Bundesstaat Amerikas sein werde. Die Kanadier zeigen eine seit Jahrzehnten nicht gesehene patriotische Einheit und bereiten sich darauf vor, ihre Unabhängigkeit und Souveränität zu verteidigen.
Trotz der angespannten Beziehungen zu den USA suchen die Kanadier nach Wegen, ihre Abhängigkeiten zu reduzieren und sich für eine Zukunft ohne die Einmischung Amerikas zu rüsten. Der Zollkrieg hat die Kanadier wachgerüttelt und zu einer neuen Form des Patriotismus inspiriert. In einer Zeit der Unsicherheit und Spannungen stehen sie vereint gegen die Drohungen aus den Vereinigten Staaten.