Finanzierung der maroden Infrastruktur: Eine Analyse
Nach der Sanierung der Riedbahn ist vor der nächsten Etappe der Generalsanierung. Wobei der Fokus auf die viel befahrene Bahnstrecke wohl etwas zu eng gezogen ist. Es ließen sich noch die Carolabrücke in Dresden und die Rahmede-Talbrücke im Sauerland ergänzen, um das Ausmaß maroder Infrastruktur in Deutschland anzudeuten. Der frisch sanierte Hochleistungskorridor der Bahn zwischen Frankfurt und Mannheim, die eingeknickte Brücke in der Elbe und die Zwangssprengung der Autobahnbrücke an der A 45 sind die sichtbarsten Zeichen für die bröckelnde Infrastruktur, die zunehmend zur Gefahr für die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland geworden ist.
Misere in Zahlen
Die ganze Misere lässt sich in Zahlen gießen: Neben 40 dringend sanierungsbedürftigen Schienenkorridoren finden sich mehr als 4000 Brücken des Bundes im „Brückenprogramm“ von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (ehemals FDP). Sie müssen also in den nächsten Jahren entweder grunderneuert oder neu gebaut werden. Die Carolabrücke steht nur deshalb nicht auf der Liste, weil sie in kommunaler Hand ist.
Diese Bestandsaufnahme hat Wissing kurz nach der Amtsübernahme im Dezember 2021 anfertigen lassen, nachdem er sich mit der überraschend angeordneten Sperrung der Rahmede-Talbrücke konfrontiert sah. Seit der Vollsperrung und der sich anschließenden Sprengung terrorisiert der Lkw-Verkehr die Stadt Lüdenscheid und ihre Bewohner. Sie warten sehnsüchtig darauf, dass der Neubau der Brücke wie geplant 2027 fertig wird.
Miserabler Zustand der Schieneninfrastruktur
Die nächste Hiobsbotschaft ließ nicht lange auf sich warten: Eine weitere Bestandsaufnahme drängte sich wegen zunehmender Verspätungen im Schienenverkehr auf. Die Unternehmen in Deutschland schlugen wegen der sich stetig steigenden Verspätungen im Schienengüterverkehr schon im Herbst 2021 Alarm. Der daraufhin erstellte Netzzustandsbericht zeugte vom miserablen Zustand der Schieneninfrastruktur in Deutschland. Im Durchschnitt gerade einmal befriedigend, an manchen Stellen sogar nur ausreichend oder mangelhaft ist das 34.000 Kilometer lange Netz in Deutschland. Die Analyse dokumentierte einen Investitionsstau von nahezu 100 Millionen Euro.
Experteneinschätzung und Lösungsansätze
400 Milliarden Euro schätzt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) den Finanzierungsbedarf der öffentlichen Hand in den nächsten zehn Jahren. Darunter fasst der Verband den Bedarf für Schulen, Verkehrswege und Energienetze. In den Parteien ist die Erkenntnis des großen Rückstands inzwischen zumindest in den Wahlkampfreden angekommen. Dass mehr getan werden muss, leuchtet allen ein. In den eilig zusammengezimmerten Wahlprogrammen selbst findet sich hingegen nur wenig Konkretes.
Die Union, die zwischen 2009 und 2021 die Verkehrsminister gestellt hat, ringt sich in ihrem Wahlprogramm nur zu einem lapidaren Bekenntnis durch: „Wir stehen für eine auskömmliche Finanzierung von Autobahnen, Brücken- und Straßeninfrastruktur.“ Diese solle „solide“ finanziert werden. Der Satz: „Wir sorgen für dauerhafte Finanzierungsstabilität, die unabhängig von schwankenden Haushaltsmitteln ist“, könnte auf eine Fondslösung hindeuten. Deutlicher wird es zur Zahlungsbereitschaft des Bundes allerdings nicht, dafür aber zum privaten Geld: „Zudem müssen wir kurzfristig mehr Kapital mobilisieren, um den Investitionsstau zu lösen. Dazu setzen wir auf starke Anreize für private Investoren.“