Anne Applebaum, die den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche entgegennahm, hielt ihre Dankesrede in ihrer Muttersprache. Sie wechselte zweimal von Englisch auf Deutsch, um deutsche Begriffe für englische Ausdrücke einzufügen. Dies illustrierte die Herausforderung, die diese Rede für das politische Bewusstsein in Deutschland bedeutet.
Applebaum sprach über Russlands Vorgehen in den russisch besetzten Teilen der Ukraine, das darauf abzielt, die ukrainische Nation zu zerstören. Sie verwendete den Begriff „Sowjetisierung“ für diese Imperialgeschichte und wies darauf hin, dass heute von „Russifizierung“ gesprochen wird. Mit ihrer nüchternen Sicht auf die russische Geschichte und das Putin-Regime zeigte sie eine entmystifizierende Haltung.
Um den Deutschen das Allgemeine und Typische dessen zu verdeutlichen, was hinter dem Ukrainekrieg geschieht, verwendete Applebaum den Begriff „Gleichschaltung“. Dieser Begriff wird normalerweise verwendet, um die Vorgehensweise der Nationalsozialisten 1933 zu beschreiben. Sie betonte, dass die Bewahrung unserer Grundordnung nicht durch eine mysteriöse Immunität der deutschen Seele gegen kriegerische Anwandlungen garantiert wird.
Für Applebaum ist die Einsicht in die Untrennbarkeit äußerer und innerer Bedrohungen eine Überlebensvoraussetzung für liberale demokratische Ordnungen. Während maßgebliche deutsche Staatsmänner keine klare Haltung zur Ukraine einnehmen, forderte sie einen Regimewechsel in Moskau als Kriegsziel. Ihrer Meinung nach kann ein militärischer Sieg den Gewaltkult beenden, wie es die deutsche Erfahrung im russischen Fall gezeigt hat.
Applebaums Rede betonte die Bedeutung einer klaren und realistischen Sichtweise auf politische Ereignisse und die Notwendigkeit, Lehren aus der Geschichte zu ziehen. Sie kritisierte romantische Klischees über die russische Seele und betonte die Universalität ihrer Methodik und politischen Programme. Durch ihre drastische Sachlichkeit forderte sie die Zuhörer auf, nicht von einer geheimnisvollen Immunität der deutschen Seele auszugehen, sondern aktiv für die Bewahrung der Grundordnung einzutreten.