Israel setzt Kampf gegen Hisbollah entschlossen fort
Krieg in Nahost
Ein Bündnis aus westlichen Staaten und der EU drängt auf eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah. Doch bei der israelischen Regierung trifft das auf Widerstand. Premier Netanyahu ordnete an, die Angriffe fortzusetzen.
Die internationale Sorge vor einer weiteren Ausweitung des Nahost-Krieges wächst. Am Rande der UN-Vollversammlung haben mehrere westliche Staaten in einem gemeinsamen Appell eine Waffenruhe zwischen Israel und der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon gefordert. Doch bei der israelischen Regierung stößt dieser Vorstoß bislang offenbar auf Ablehnung.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu forderte die Streitkräfte auf, die Kämpfe im Norden „mit voller Kraft“ fortzusetzen. Das geht aus einer Mitteilung seines Büros hervor, die über den Account des Ministerpräsidenten beim Kurznachrichtendienst X veröffentlicht wurde.
Die Weisung bezieht sich damit auf den Libanon und das israelisch-libanesische Grenzgebiet. Zuvor hatten israelische Medien berichtet, die Regierung des Landes habe einer Waffenruhe bereits zugestimmt, beziehungsweise das Militär aufgefordert, die Kampfhandlungen im Libanon zurückzufahren. Beide Berichte wies Netanyahus Büro als falsch zurück. Auf den Vorschlag einer Waffenruhe habe Netanyahu „noch nicht einmal reagiert“.
Die Kämpfe der israelischen Armee im Gazastreifen sollten ebenso unvermindert fortgesetzt werden, „bis alle Ziele erreicht sind“. Netanyahu hatte wiederholt erklärt, die Terrormiliz Hamas im Gazastreifen vollständig zerschlagen zu wollen.
Israel beharrt auf Fortführung der Kampfhandlungen
Auch von anderen Mitgliedern der israelischen Regierung kommt Widerstand gegen den Vorschlag einer Waffenruhe. „Es wird keine Waffenruhe im Norden geben“, schrieb der israelische Außenminister Israel Katz beim Kurznachrichtendienst X. „Wir werden gegen die Terror-Organisation Hisbollah weiter mit all unserer Kraft bis zum Sieg und der sicheren Rückkehr der Bewohner des Nordens nach Hause kämpfen“, betonte der Minister.
Im Grenzgebiet zum Libanon mussten Zehntausende Bewohnerinnen und Bewohner ihre Heimatorte verlassen. Auch für den Süden des Libanon hatte die israelische Armee die Zivilbevölkerung aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen.
Auch der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich positionierte sich klar gegen eine Waffenruhe mit der Hisbollah-Miliz. „Der Kampf im Norden darf nur auf eine Art enden: mit der Zerstörung der Hisbollah und ihren Fähigkeiten, den Einwohnern des Nordens Schaden zuzufügen“, schrieb der ultrarechte Politiker bei X und forderte: „Wir dürfen es dem Feind nicht erlauben, sich von dem harten Schlag zu erholen, den er abbekommen hat und sich für eine Fortsetzung des Kriegs nach 21 Tagen neu zu organisieren.“
Internationale Bemühungen um eine Waffenruhe
Mit den 21 Tagen bezieht sich Smotrich konkret auf den Vorschlag, der am Rande der UN-Vollversammlung in New York vorgebracht wurde. Hinter ihm stehen zehn Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und die USA. Die dreiwöchige Waffenruhe soll nach Forderung der Länder sofort in Kraft treten, um Verhandlungen über ein Abkommen zu ermöglichen. Die jüngsten Gefechte seien nicht zu akzeptieren und „stellen ein inakzeptables Risiko einer breiteren regionalen Eskalation dar“, hieß es in dem Appell.
Die libanesische Regierung zeigte sich offen für eine mögliche Waffenruhe. Am Rande der UN-Vollversammlung hatte bereits Nadschib Mikati, Ministerpräsident des Libanon, seine Zustimmung signalisiert. Auch der libanesische Wirtschaftsminister Amin Salam betonte im Gespräch mit dem ARD-Studio Kairo, man arbeite Tag und Nacht daran, um die internationalen Bemühungen um einen Waffenstillstand zu unterstützen. Es gebe Signale, dass die Hisbollah an einer Deeskalation interessiert sei.
Reaktionen auf die Waffenruhe
Von der Miliz selbst gibt es bisher keine Reaktion auf den Vorstoß einer Waffenruhe. In der Vergangenheit hatte die Hisbollah ein mögliches Ende der Gefechte an eine Waffenruhe im Gazastreifen geknüpft.
US-Außenminister Antony Blinken kündigte an, dass er noch im Laufe des Tages mit einem Spitzenvertreter der israelischen Regierung über eine mögliche Waffenruhe beraten wolle.
Auch Frankreichs Außenminister Jean-Noel Barrot will sich für ein Aussetzen der Kämpfe einsetzen und will noch in dieser Woche für Gespräche nach Nahost reisen. „Wir zählen darauf, dass beide Seiten den Vorschlag unverzüglich annehmen, um die Zivilbevölkerung zu schützen und diplomatische Verhandlungen zu ermöglichen“, betonte Barrot in New York.
Fortführung der Kampfhandlungen im Libanon
Seit Beginn der Woche fliegt das israelische Militär täglich Luftangriffe auf den Libanon. Mehr als 600 Menschen wurden libanesischen Angaben zufolge durch die Angriffe bereits getötet. Auch in der Nacht setzte Israel das Bombardement im Süden des Libanon und der Bekaa-Ebene fort. Insgesamt hätten die Streitkräfte 75 Ziele der Hisbollah attackiert, hieß es vonseiten des israelischen Militärs. Dabei seien unter anderem Raketenwerfer und Waffenlager der Miliz zerstört worden.
Libanesische Medien berichteten, dass bei einem israelischen Angriff auf die Stadt Junine in der Bekaa-Ebene mehr als 20 Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Offiziell ist das noch nicht bestätigt, die Medien beriefen sich auf Angaben des Bürgermeisters der Stadt. Wie die libanesische Nachrichtenagentur NNA 23 berichtete, soll ein Wohnhaus getroffen worden sein, in welchem vor allem Arbeitskräfte aus Syrien untergebracht gewesen seien.
Die israelische Armee teilte mit, ein Teil im Norden Israels sei mit 45 Geschossen vom Libanon aus angegriffen worden. Einige davon seien von der Raketenabwehr abgefangen worden. Der Rest sei in offenen Gebieten eingeschlagen.